Fridays for Future: Geht dem Klimastreik langsam die Luft aus?

Bielefeld. Nur noch ein Drittel der Deutschen unterstützt grundsätzlich die Klimabewegung. Damit hat sich die Zustimmung laut einer aktuellen Studie der Nichtregierungsorganisation More in Common innerhalb von nur zwei Jahren halbiert. Auch um Fridays for Future (FFF) als Teil der Gesamtbewegung ist es deutlich ruhiger geworden. Die 2018 von der Schwedin Greta Thunberg initiierte Klimastreikbewegung scheint in Teilen ein Mobilisierungsproblem zu haben. Anfang Juli löste sich die Bremer Ortsgruppe auf und in Ostwestfalen-Lippe (OWL) gibt es ebenfalls Anzeichen, dass der ganz große Schwung verloren gegangen ist. Ehemalige Aktivisten des Gütersloher Ablegers erklärten jüngst: "Nein, es gibt keine aktive Ortsgruppe in Gütersloh mehr". Die FFF-Gruppe Altkreis Halle hat sich zwar nicht aufgelöst, aber auch hier berichtet eine Aktivistin von schwindendem Interesse und Nachwuchsproblemen. Dazu passt: Etliche Social-Media-Auftritte weiterer Ortsgruppen in OWL wirken auffällig inaktiv. Eine Anfrage bei der bundesweiten Dachorganisation bleibt unbeantwortet. Spezielle Schwierigkeiten aufgrund junger Altersstruktur Für Priska Daphi ist diese Entwicklung wenig überraschend. "Bewegungen wie Fridays for Future haben keine formellen Strukturen wie beispielsweise Vereine mit ihren Ämtern. Dadurch fällt es ihnen grundsätzlich schwerer, sich über einen längeren Zeitraum zu halten", sagt die Professorin für Konfliktsoziologie an der Universität Bielefeld. Die Corona-Einschränkungen mit ihrem Veranstaltungsverbot hätten zusätzlich einen negativen Einfluss auf die Gewinnung neuer Aktivistinnen und Aktivisten gehabt. Darüber hinaus stände FFF noch vor ganz speziellen Schwierigkeiten. "Durch die vielen jungen Leute stehen für die meisten weitreichende Entscheidungen bezüglich Arbeit oder Studium an, die oft mit Ortswechseln verbunden sind", sagt Daphi. Tobias Rüter, einer der treibenden Kräfte der FFF-Bewegung im Altkreis Halle, ist hierfür ein gutes Beispiel: Für sein Studium zieht er demnächst nach Norddeutschland und hinterlässt damit eine große Lücke in der Gruppe, die nach eigenen Aussagen nur noch eine Handvoll Aktivisten zählt. Expertin: Keinerlei Anzeichen für Gesamtgefährdung &bdquo;Ich habe das Gefühl, dass viele das Thema nicht mehr interessiert“, sagt Rüter. Dem widerspricht Daphi entschieden. Man müsse die Klimabewegung als Ganzes betrachten. Und dazu gehöre eben nicht nur FFF, sondern auch andere Gruppen wie die "Letzte Generation". "Es gibt keinerlei Anzeichen, vom Einschlafen einer einzelnen Gruppierung auf eine Gesamtgefährdung der Klimabewegung zu schließen", sagt Daphi, die sich neben ihrer Tätigkeit an der Uni Bielefeld auch als Vorstandsmitglied des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung mit dem Thema beschäftigt. Zwar könnten Enttäuschungen über ausbleibende Erfolge des Protests durchaus auch zur Demobilisierung führen, "wir erwarten aber auf Basis von Studien zu anderen Bewegungen, dass viele ihr Engagement fortsetzen werden. Entweder in anderen aktivistischen Gruppen oder aber in der Politik", sagt Daphi. So wie die ehemaligen Gütersloher FFF-Aktivisten Stefan Schneidt (SPD) und Emanuel Zurbrüggen (Die Linke), die sich mittlerweile Parteien angeschlossen haben. "Letzte Generation" generiert leichter Aufmerksamkeit Dass FFF mit dem Schulstreik als eher moderatere Form des Protests durch Gruppen wie die "Letzte Generation" komplett verdrängt wird, hält Daphi momentan für unwahrscheinlich. "Die Proteste der ,Letzten Generation' haben es zwar leichter, Aufmerksamkeit zu generieren, dafür nehmen diese die Bevölkerung aber nicht so leicht mit. Daher sehe ich weiterhin eine Rolle in der Klimabewegung für moderatere Ansätze wie bei Fridays for Future." Wichtig ist: bei diesen Daten handelt es sich um einen Schnappschuss der aktuellen Stimmungslage. Blicken wir außerdem auf unsere Fokusgruppen zeigt sich, dass die grundsätzliche Sorge und Handlungsbereitschaft angesichts der Klimakrise bei den Menschen weiterhin vorhanden sind. More in Common Deutschland (@moreincommon_de) July 24, 2023 Dass das Einschlafen oder Schließen von FFF-Ortsgruppen nicht endgültig sein muss, zeigt sich derzeit in Bremen. Wie der "Weserkurier" berichtet, hat sich die Gruppe rund zwei Wochen nach ihrer Schließung bereits neu gegründet. Und selbst wenn FFF insgesamt an Bedeutung verlieren sollte, prognostiziert Daphi für die Klimabewegung als Ganzes genau das Gegenteil: "Ich erwarte, dass es in den nächsten Jahren weiterhin starke Mobilisierungen zum Klimawandel geben wird."

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