Trotz jahrelanger Arbeit: Rentnerin aus NRW kämpft um ihre Existenz

Bielefeld/Essen. Ein Großeinkauf im Supermarkt, ein neues Kleidungsstück oder die Mitgliedschaft in einem Sportverein: Für viele sind solche Ausgaben Normalität. Für Esther Hoffmann nicht. Sie hat jahrelang als Verkäuferin gearbeitet und kommt mit ihrer monatlichen Rente kaum über die Runden. Sie ist von Altersarmut betroffen – ein Schicksal, mit dem sie nicht allein ist. Komme ich diesen Monat mit meinem Geld aus und wo muss ich mich vielleicht einschränken? Das sind Fragen, die für Esther Hoffmann aus Essen beinah täglich präsent sind. Die gelernte Einzelhandelskauffrau bezieht eine Rente in Höhe von 959 Euro. Sowohl Wohngeld als auch die Grundsicherung sind einberechnet. Abzüglich der Mietkosten und Stromrechnung bleiben ihr knapp 250 Euro für den Restmonat. Und das, obwohl sie seit ihrem 14. Lebensjahr als Verkäuferin gearbeitet hat. Dass sie sich mit ihrer Rente kaum etwas leisten kann, habe ihr anfangs besonders zugesetzt: "Man muss jeden Pfennig umdrehen. Das ist heftig und geht an die Substanz", sagt die 71-Jährige. Nur zwei engen Freundinnen habe sie sich wegen ihrer schwierigen finanziellen Lage anvertraut. Angst um die eigene Existenz Ihr Leben war nicht immer so. Mit ihrem damaligen Ehemann hatten sie keine finanziellen Sorgen – obwohl Hoffmann bereits mit 19 Mutter wurde und erst neun Jahre später wieder in den Beruf als Verkäuferin einstieg: "Ich sollte für unseren Sohn da sein und nicht arbeiten", sagt sie. Das Geld verdiente stattdessen ihr Mann, der als Werbefachmann arbeitete. Als die Ehe scheiterte, arbeitete sie wieder im Einzelhandel. Mit 63 Jahren ging sie schließlich in Rente und lebt seitdem mit Existenzängsten. Die andauernde Energiekrise sowie die steigende Inflation verschlimmerten ihre finanzielle Lage weiter: "Wenn es eng wird, gibt es halt Reis und Gemüse", sagt Hoffmann. Ein Stück Kuchen und ein Kaffee zwischendurch seien schon lange nicht mehr möglich. Persönliche Wünsche wie eine Reise mit der Bahn oder Urlaub seien erst recht nicht drin. "Solche Situationen tun besonders weh", so die 71-Jährige weiter. In ihrer Not wendet Hoffmann sich an den Verein "Ein Herz für Rentner", der bedürftige Rentner mit Sachspenden oder einer finanziellen Finanzspritze unter die Arme greift. Dahinter steht Gründerin Sandra Bisping, die seit 2017 ein deutschlandweites Netzwerk mit sechs Mitarbeitern und Ehrenamtlichen aufgebaut hat. Ihr Ziel: Der Kampf gegen Altersarmut, die Millionen Menschen betrifft. "Diese Menschen haben jahrelang gearbeitet und alles richtig gemacht. Dass sie sich Sorgen um ihre Existenz machen müssen, ist unfassbar traurig", so Bisping. Auf Spenden angewiesen Mittlerweile gehen täglich fünf bis zehn Anträge auf Hilfeleistungen bei Bisping ein. Das zeige, wie gewaltig das Problem sei. Doch die Scham, seine finanzielle Notlage offenzulegen, sei eine Überwindung für die Bedürftigen. Laut Bisping müssten Betroffene weiter in die Gesellschaft rücken, um gesehen und wahrgenommen zu werden. Besonders Frauen seien von Altersarmut betroffen, nur 30 Prozent der Anträge an den Verein kämen von Männern. Das liege zum einen an der Elternzeit, in der Frauen nicht in die Rentenkasse eingezahlt haben. Zum anderen arbeiten sie nur Teilzeit und verdienen generell weniger als Männer. Wenn die Waschmaschine kaputtgeht oder Zuzahlungen für Medikamente fällig werden, kommt der Verein ins Spiel. Bedürftige stellen einen Antrag, Bisping und ihre Mitarbeiter prüfen ihn und senden anschließend das benötigte Geld auf das jeweilige Konto des Betroffenen. "Im Monat kommen Ausgaben in Höhe von 40.000 bis 60.000 Euro zusammen", sagt Bisping. Ausgaben, die ausschließlich durch Spenden finanziert werden. Daher ist der Verein auf Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen angewiesen. In Krisenzeiten sei der Zusammenhalt in Deutschland weiter spürbar und die Unterstützung von Spendern groß, so Bisping. So erhielt Esther Hoffmann bereits eine neue Matratze sowie einen Staubsauger und bald auch das 49-Euro-Ticket bis zum Jahresende. "Ich bin wirklich dankbar, denn ohne die Unterstützung hätte ich mir das alles nicht leisten können", sagt Esther Hoffmann.

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