KI erkennt ALS-Erkrankung: Bielefelder Forscher entwickelt Verfahren

Bielefeld. Seitdem sich 2014 Menschen für die sogenannte Ice Bucket Challenge mit Eiswasser übergossen und die Videos davon über die sozialen Netzwerke geteilt haben, ist die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, weltweit bekannt. Ein ungewöhnliches Beispiel dafür, wie Social Media die Wissenschaft beflügeln kann, denn durch die Aktion sind Millionen an Forschungsgeldern zusammengekommen. Trotz der Fortschritte ist die Krankheit noch in weiten Teilen unverstanden. Ein Forscherteam um den Bioinformatiker Alexander Schönhuth von der Universität Bielefeld ändert das gerade mit einem Verfahren mit Künstlicher Intelligenz. Die neue Methode ermöglicht es, mit 87-prozentiger Genauigkeit zu prognostizieren, ob ein Mensch an ALS erkrankt oder nicht. ALS ist eine nicht heilbare degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Einer der berühmtesten Betroffenen war der britische Physiker Stephen Hawking. &bdquo;Mit dieser Genauigkeit ist unser Verfahren viel genauer, als andere Methoden“, erklärt Schönhuth, der 2018 mit dem Projekt in den Niederlanden begonnen und es in Bielefeld fortgesetzt hat. ALS ist nach Angaben des Bioinformatikers eine vererbbare Krankheit. &bdquo;Um herausfinden zu können, warum manche Menschen an ALS erkranken und andere nicht, ist es deshalb wichtig die Erblichkeit zu verstehen.“ Dafür haben Schönhuth und sein Team eine Methode aus der Künstlichen Intelligenz (KI) eingesetzt und die Gene von 3.000 ALS-Patienten und 7.000 gesunden Menschen ausgewertet. &bdquo;Dieses Verfahren zeigt nachvollziehbar, welche Gene für die Entstehung von ALS eine besonders wichtige Rolle spielen könnten.“ Ein großer Schritt, denn laut Schönhuth sind schätzungsweise 80 Prozent der Gene, die bei ALS eine Rolle spielen, noch unbekannt. Daten von 10.000 Patienten mit jeweils fünf Millionen Gen-Buchstaben Schönhuth und sein Team bringen Licht ins Dunkel, weil sie die sogenannte erklärbare KI nutzen, die es den menschlichen Anwendern dank einer Reihe von Prozessen und Methoden ermöglicht, die von maschinellen Lernalgorithmen erzeugten Ergebnisse verstehen und nachvollziehbar interpretieren zu können. &bdquo;Dafür mussten wir das künstliche Gehirn aber erst passend gestalten und mit Vorwissen füttern, da ohne diese menschliche Vorleistung keine KI funktioniert." Wichtig sei zudem, dass große Datenmengen zur Verfügung stehen, mit der die KI gefüttert werden könne. &bdquo;Wir konnten glücklicherweise die genetischen Informationen von 10.000 Menschen nutzen“, erklärt Schönhuth. &bdquo;Die DNA jedes einzelnen Menschen besitzt etwa drei Milliarden Gen-Buchstaben. Die KI haben wir davon pro Patient mit jeweils fünf Millionen Gen-Buchstaben gefüttert, weil in der DNA nur an etwa jeder 1.000ten Stelle Variationen auftreten.“ Forscher entdecken Gene, die eine entscheidende Rolle bei ALS spielen Im Ergebnis hat das Team laut Schönhuth 922 Gene entdeckt, die eine entscheidende Rolle bei der Identifizierung von ALS spielen, und 644 Gene, die in komplexen Verbindungen interagieren und ebenfalls im Zusammenhang mit der Krankheit stehen. &bdquo;Diese Gene sind für die KI bei der ALS-Vorhersage entscheidend. Das künstliche Gehirn hat also verstanden, wie die Krankheit funktioniert, weil es zwischen gesunden und kranken Genen unterscheiden kann“, erklärt Schönhuth. Für Menschen sei diese Unterscheidung aufgrund der Komplexität nicht möglich. Um das zu ändern, ist nach Angaben des Bioinformatikers nun weitere Forschung in anderen Gebieten wie der Medizin nötig. &bdquo;Wir haben mit den identifizierten Genen, die mit großer Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit ALS stehen, nun eine Grundlage dafür geschaffen“, sagt Schönhuth. Verbunden sei diese weiterführende Forschung mit Verbesserungen in der Prävention, Diagnostik und Behandlung von ALS. &bdquo;Wenn nach der KI auch der Mensch versteht, wie die Krankheit entsteht, dann kann sie auch besser therapiert werden.“ Verfahren funktioniert auch mit Daten von Parkinson-Patienten Nutzbar ist das KI-Verfahren laut Schönhut auch für die Erforschung weiterer Krankheiten. &bdquo;Wir haben die KI bereits mit Daten von Parkinson-Patienten gefüttert. Auch hier ist die Vorhersage, ob ein Mensch an Parkinson erkrankt oder nicht, besser als bei allen anderen Methoden.“ Allerdings sei die Datenlage bei Parkinson leider noch nicht so gut wie bei ALS, weshalb die Ergebnisse auch weniger eindeutig seien, erklärt Schönhuth. &bdquo;Insgesamt zeigt dieser Vergleich aber das Potenzial unseres Verfahrens, das sehr viele Wege eröffnet, um Krankheiten künftig besser verstehen zu können.“

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