Wohngeld-Reform sorgt für Frust: Ministerium nennt erste Zahlen

Düsseldorf/Bielefeld. In NRW dürfen seit fünf Wochen rund dreimal so viele Bürgerinnen und Bürger Wohngeld beantragen wie bislang. Grund ist eine Reform, die der Bundestag Ende des Jahres beschlossen hatte. In den Kommunen führt das zu großem Mehraufwand. Die Städte fordern jetzt ein Umschwenken von Bund und Land. Wohngeld erhalten Menschen, die wenig Geld, aber keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. In NRW sind das inzwischen 480.000 Haushalte. Sie können seit Mitte Dezember Anträge stellen. Das Wohngeld wurde zudem erhöht, von durchschnittlich 180 auf 370 Euro pro Monat. "Das Aufkommen ist wie erwartet hoch und führt zu Problemen", zieht NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) gegenüber dieser Redaktion jetzt eine erste Zwischenbilanz. Das belegen konkrete Zahlen: Im Januar wurden durchschnittlich 573 Wohngeldanträge pro Tag gestellt, wie das Ministerium auf Anfrage mitteilt. Das macht in Summe 17.200 Anträge und somit rund dreimal so viele wie Ende 2022. Bürger können online über einen Wohngeldrechner prüfen, ob sie Anspruch auf die Unterstützungsleistung haben. Von dieser Möglichkeit haben im Januar pro Tag rund 7.700 Menschen Gebrauch gemacht. Bielefeld hat bislang ein Drittel der Anträge abgearbeitet Das Verfahren stellt die Beteiligten vor Herausforderungen. Das Programm, das den tatsächlichen Wohngeldanspruch berechnet, wird laut Scharrenbach erst im April zur Verfügung stehen. Damit die Menschen aber nicht so lange auf das Geld warten müssen, zahlt das Land Vorschusszahlungen. Das ist laut Scharrenbach bereits der Fall. Es kann aber sein, dass die Empfänger nach einer genauen Prüfung später einen Teil des Gelds wieder zurückzahlen müssen. Scharrenbach ärgert sich darüber, dass der Bund die Reform sehr kurzfristig auf den Weg gebracht hat, ohne Rahmenbedingungen zu schaffen. Das führe zu einer "Frustration für alle mit Ansage durch die Bundesregierung". Auch die Kommunen üben Kritik. "Viele Wohngeldstellen sind am Limit", sagt der Geschäftsführer des Städtetags NRW, Helmut Dedy, dieser Redaktion. In einigen Städten rechne man mit mehr als einer Verdreifachung der Anträge. Schon jetzt sei abzusehen: "Das Wohngeld-Plus-Gesetz muss nachgebessert werden", sagt Dedy. Der Städtetag erwarte vor allem ein digitalisiertes Verfahren, das auch für die Kommunen die Arbeitsabläufe vereinfache. "Bund und Länder müssen mit den Kommunen einen Weg dorthin erarbeiten." In der Stadt Bielefeld wurde von bislang knapp 2.800 eingegangenen Anträgen ein Drittel erledigt, teilt der erste Beigeordnete Ingo Nürnberger auf Anfrage mit. Die Stadt erledige aktuell etwa 30 Anträge pro Tag. "Das wäre ein Rückstand von rund 60 Arbeitstagen, der bislang entstanden ist." Bielefeld hat extra neue Mitarbeiter eingestellt, von denen einige aber noch eingearbeitet werden müssten. Lange Schlangen vor der Wohngeldstelle blieben bislang aus, da viele Antragsteller die Unterlagen schriftlich oder digital einreichten, sagt Nürnberger. Das entlaste die Mitarbeiter sehr. Der erwartete Frust halte sich bislang ebenfalls in Grenzen: Den Mitarbeitern werde großes Verständnis entgegengebracht. "Die Menschen haben realisiert, dass diese Reform nicht problemlos umgesetzt werden kann", sagt Nürnberger. Laut Dedy erhalten alle Berechtigten, die bislang noch Wohngeld nach altem Recht bekommen haben, spätestens ab April, wenn das IT-Verfahren des Landes verlässlich laufe, "auch die erhöhten Beträge einschließlich Nachzahlungen automatisch überwiesen." Grundsätzlich sei das neue Wohngeld ein sinnvoller Beitrag, um die Menschen von hohen Preisen zumindest teilweise zu entlasten, so Dedy.

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