Bielefelder Bloggerin Tina Ruthe erlebt perfiden Telefonstreich

Bielefeld/Düsseldorf. Diesen Dienstagabend wird Tina Ruthe so schnell nicht vergessen. Gegen 20 Uhr klingelte das Handy der Bloggerin und Autorin – ein verzweifeltes Mädchen fragte nach ihrer Mutter. Bis spät in die Nacht telefonierte das Ehepaar mit ihr, schlief am Ende in Verbindung mit der Kleinen ein. Am nächsten Tag stellt sich alles als Täuschung heraus. Der Reihe nach: Eine Achtjährige, allein in der Wohnung, mit dem Handy der Mutter ausgestattet, ruft die Nummer an, die ihre Mutter ihr für den Notfall hinterlassen hat - das war das Szenario. "Sie weinte, war panisch, hatte Angst", sagt Tina Ruthe, die immer noch fassungslos über den Vorfall ist. "Angeblich war die Mutter zu Besuch bei einem Freund und dessen Nummer sollte das sein." So ruhig wie möglich versuchten Ruthe und ihr Mann, Informationen von dem Mädchen zu bekommen, um ihm helfen zu können. "Wir merkten, dass sie sich durch den Kontakt mit uns beruhigte und blieben am Ende einfach bis um ein Uhr nachts mit ihr in der Leitung. Wir sind dann sozusagen Ohr an Ohr mit ihr eingeschlafen." Kinderschutzbund NRW hat Tipps für Anrufe Am nächsten Tag wird klar: Die Geschichte ist vermutlich ein riesiger Fake. Der Schwindel fliegt auf, als Tina Ruthe, der bei Instagram fast 190.000 Menschen folgen, einen Hinweis von einer anderen Userin erhält, der das Gleiche passiert war. "Das Kind trug sogar denselben Namen. Ich hatte das veröffentlicht, weil mir das wirklich zu denken gegeben hat und ich Menschen dafür sensibilisieren wollte - zuerst dafür, bei solchen Anrufen richtig zu reagieren. Später dann dafür, trotzdem jeden Anruf dieser Art ernst zu nehmen." Parallel war Tina Ruthe auch selbst misstrauisch geworden. "Wir hatten eine Nachricht an die Nummer geschickt, von der uns das Mädchen angerufen hatte - in der Annahme, die vermeintliche Mutter würde das lesen. Wir haben uns wirklich große Sorgen gemacht, weil die Kleine so verzweifelt war und wir nicht ausschließen konnten, ob vielleicht eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Eigentlich wollten wir uns an die Polizei wenden und denen die Nummer weiterleiten." Als sie dies der "Mutter" mitteilten, räumte diese allerdings sehr schnell selbst ein, dass es gar kein Kind gebe. Die genaue Absicht der Anruferin bleibt unklar. Tina Ruthe gibt der Vorfall aber zu denken. "Wenn das im Netz kursiert oder sogar als 'Prank', als Streich, ein Trend wird, wie reagieren Menschen dann, wenn wirklich mal ein Kind anruft und Hilfe braucht?" Polizei Herford hat von Betrugsmasche gehört Nicole Vergin, Sprecherin des Kinderschutzbundes NRW, ist fassungslos über den Vorfall. "Das war ein extrem ärgerlicher, perfider Prank. Fake-Anrufe von vermeintlich Hilfesuchenden kommen unseres Wissens nach bei Beratungstelefonen hin und wieder vor, aber von dieser speziellen Masche bei Privatpersonen haben wir bisher nichts gehört.“ In Vergins Augen hat die Familie Ruthe vorbildlich reagiert. "Sie hat die vermeintliche Not der Anruferin ernst genommen und versucht, ihr zu helfen. Dass Erwachsene nicht weghören, wenn es Kindern schlecht geht, ist grundsätzlich wunderbar. Solche Menschen brauchen wir in der Gesellschaft.“ Allerdings ist für die Expertin fraglich, ob man solche schlechten Scherze am Telefon entlarven kann. "Es könnte hilfreich sein, möglichst konkrete Fragen zu stellen, etwa nach der Adresse, dem Namen der Mutter oder anderen Verwandten. Die letzte Möglichkeit ist es, dem Anrufenden anzubieten, die Polizei zu verständigen. Vielleicht fliegt so der Prank auf – oder es kann einem Kind in Not tatsächlich geholfen werden.“ Das sieht auch Uwe Maser, Sprecher der Polizei Herford, so. "Wenn ein Kind um Hilfe ruft, dann darf man alles daran setzen, diesem Kind Hilfe zu schicken und auch alle nötigen Informationen dafür abzufragen. Im Zweifel sollte man sich unbedingt an die Polizei oder das Jugendamt wenden. Letzteres geht natürlich nur dann, wenn das Kind nicht in akuter Gefahr ist." Auch Maser appelliert, Hilferufe dieser Art zunächst immer ernst zu nehmen. Dennoch warnt die Polizei Herford vor Betrugsvarianten, bei denen vermeintliche Kinder eine Notsituation vortäuschen. "Da geht es allerdings meist am Ende doch um Geld." Nicht so bei der Anruferin, die Tina Ruthe kontaktierte. "Ich weiß nicht, was dahintersteckte", sagt Ruthe. "Es wurde auch nicht versucht, sensible Daten abzufragen, oder etwas in der Richtung."

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