Nach Ab- und Zusage

Ärger um Impfstudie zu jungen Menschen in Siegen-Wittgenstein hält an

Die Verwaltung des Kreises Siegen-Wittgenstein sagte den eigentlich für Dienstag geplanten Start ab. Dann zu. Jetzt steht die Impfstudie wieder vor Problemen.

13.07.2021 | 13.07.2021, 22:20

Siegen (dpa). Die kurzfristig verschobene Corona-Impfstudie zu jungen Menschen im Kreis Siegen-Wittgenstein kann nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums starten - unter bestimmten Bedingungen. Eine entsprechende Prüfung sei abgeschlossen, teilte das Haus von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstagabend mit. Kurz darauf dann aber die nächste Meldung vom Kreis Siegen-Wittgenstein: Die Impfungen könnten doch nicht - wie ursprünglich beabsichtigt - im Siegener Impfzentrum des Landes Nordrhein-Westfalen stattfinden.

Als Hintergrund nannte der Kreis einen Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums, der am Abend „diverse Auflagen" gemacht habe. Dazu zählten abgetrennte Bereiche mit „separatem Zugang zum Impfzentrum" und auch die Absage, „das ärztliche und medizinische Personal der Kassenärztlichen Vereinigung Impfungen im Rahmen der Studie durchführen zu lassen".

„Im Ergebnis müsste eine vollständige örtliche, organisatorische, finanzielle und personelle Trennung zwischen Impfzentrum und der Impfung im Rahmen der Studie erfolgen", so der Kreis. Wegen der Auflagen könnten die Strukturen des Impfzentrums nun nicht für die Impfung von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren zur Verfügung gestellt werden.

Was das für die Zukunft des Forschungsvorhabens genau bedeutet, war zunächst allerdings unklar. „Wir werden nun innerhalb der Projektpartner über die weiteren Schritte beraten", erklärte die am Projekt beteiligte Universität Siegen in der Mitteilung des Kreises.

Bevorzugte Impfung für Schüler und Studierende

Im Kreis Siegen-Wittgenstein sollen wissenschaftlich begleitet rund 30.000 Schüler ab zwölf Jahren und Studierende bevorzugt geimpft werden. Der Start war für Dienstag geplant gewesen. Am Montagnachmittag hatte die Kreisverwaltung ihn aber wieder abgesagt. Man habe den angekündigten Sondererlass des Gesundheitsministeriums bislang nicht in schriftlicher Form erhalten, hieß es.

Das Gesundheitsministerium erklärte, es habe erst in der vergangenen Woche erfahren, dass am Dienstag mit der Studie begonnen werden solle. Die notwendigen Informationen zur Prüfung seien erst am Wochenende eingegangen. Grundsätzlich brauche es zur Durchführung von Studien auch keine Zustimmung des Ministeriums. In diesem Fall solle jedoch die Infrastruktur des Impfzentrums des Landes genutzt werden. "Daher ist eine Abstimmung mit dem Land erforderlich."

Zum Hintergrund: Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren werden nach Angaben des Ministeriums normalerweise nicht in den NRW-Impfzentren geimpft, da das Land der Auffassung sei, dass dies "eine fundierte medizinische Aufklärung und Beratung" durch den Kinder- oder Hausarzt erfordere. Sie könnten sich an ihre niedergelassenen Ärzte wenden. Bei der Studie sollten nun aber im Impfzentrum 12- bis 15-Jährige eine Impfung erhalten.

Nutzen einer Impfung überwiegt auch in jüngerer Altersgruppe

Die Forschenden der Universität des Saarlands und der Universitätskinderklinik Bochum wollen mit der vergleichenden Untersuchung herausfinden, wie sich die Impfung der jüngeren Altersgruppen auf das Infektionsgeschehen auswirkt. In einer
Befragung wollen sie zudem Erkenntnisse über die Impfbereitschaft sammeln. Aus Sicht der beteiligten Mediziner überwiegt der Nutzen einer Corona-Impfung auch in der jüngeren Altersgruppe das Risiko schwerer Nebenwirkungen.

Bei der Vorstellung der Pläne am Freitag hatten die Projektbeteiligten betont, dass sie zur Pandemieeindämmung stark auf höhere Impfraten bei jungen Menschen setzten. Sie hoffen, durch eine zeitige Immunisierung gegen das Coronavirus eine raschere und stabilere Rückkehr in Schule und Universität zu ermöglichen. Mit dem Drängen auf die Impfung auch von Jugendlichen ab zwölf Jahren widersprechen sie der eher zurückhaltenden Linie der Ständigen Impfkommission (Stiko) in der Frage von Impfungen für die 12 bis 17-Jährigen.

Diese hat bisher keine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren ausgesprochen. Sie empfiehlt die Corona-Impfung in der Altersgruppe bisher nur bei bestimmten Vorerkrankungen. Das Gremium begründete dies unter anderem damit, dass das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung für die Altersgruppe gering sei. Außerdem lieferten die bislang verfügbaren Daten noch keine ausreichenden Beweise für die Sicherheit des Impfstoffs für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren.

Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums ist es aber dennoch möglich, dass sich Kinder und Jugendlichen ab 12 Jahren impfen lassen - "aber nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz".