Corona-Schutz durch Muttermilch? Frauen verkaufen Milch online

Washington/Detmold. In den USA entwickelt sich nach Einschätzung von Medizinern ein gefährlicher Trend unter Müttern: Um Babys vor dem Coronavirus zu schützen, beginnen Mütter, die bereits abgestillt haben, nach einer Corona-Schutzimpfung oder durchgemachter Corona-Infektion erneut mit dem Stillen, um die Antikörper an ihren Nachwuchs weiter zu geben oder diese Milch an andere Mütter im Internet zu verkaufen. Auch in Deutschland wird Muttermilch privat gehandelt, sogar bei Ebay Kleinanzeigen. Ärzte raten jedoch dringend davon ab. &bdquo;Muttermilch ist die beste Ernährung für Säuglinge, das steht außer Frage. Wir empfehlen Müttern deshalb, dass sie ihr Kind, wenn möglich, im ersten Lebensjahr stillen", erklärt Neonatologe Michael Fleischer, Oberarzt in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Lippe. &bdquo;Allerdings sollten Mütter ausschließlich die eigene Milch verfüttern oder die Milch von Spenderinnen, die in Muttermilchbanken in Kliniken speziell für Frühgeborene oder kranke Neugeborene gespendet, getestet und gelagert wird." &bdquo;Kinder werden dadurch nicht immun" Denn Muttermilch kann nach Angaben Fleischers bei falscher Lagerung schnell verderben. &bdquo;Wie andere Lebensmittel muss auch Muttermilch gekühlt gelagert werden, da zum Beispiel Hautkeime und andere Krankheitserreger in warmer Muttermilch wachsen können." Ein weiteres Problem. &bdquo;Wer privat Muttermilch kauft, weiß nicht sicher, von wem die Milch stammt - und ob die Spenderin gesund ist." Zudem sei der Schutz für Babys durch die Gabe von Muttermilch mit Antikörpern gegen das Coronavirus begrenzt. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin wurde zwar nachgewiesen, dass Mütter nach einer Corona-Schutzimpfung sowie während einer aktiven oder durchgemachten Corona-Infektion Antikörper über die Muttermilch an ihr Kind weitergeben und es so durch die sogenannte Nestimmunität schützen können. &bdquo;Doch immun werden Kinder dadurch nicht gegen das Coronavirus", erklärt Fleischer. Kinderarzt rät Schwangeren zu Corona-Schutzimpfungen Zudem sollten sich Mütter nach Angaben des Neonatologen gut überlegen, nach dem Abstillen wieder mit dem Stillen zu beginnen. &bdquo;Möglich ist das, aber nicht bei allen Frauen. Es ist ein komplexer Prozess, der auch sehr frustrierend sein kann. Wenn sich Mütter dafür entscheiden abzustillen, dann ist das die richtige Entscheidung, zu der sie auch stehen sollten." Viel wichtiger für den Schutz des Kindes vor dem Coronavirus sind laut Fleischer gute Hygiene, Abstand zu Menschen außerhalb der Familie und Schutzimpfungen der Angehörigen. &bdquo;Kontaktpersonen und auch Schwangere selbst sollten sich gegen das Coronavirus impfen lassen", rät Fleischer. &bdquo;Durch eine Impfung in der Schwangerschaft kann auch das ungeborene Kind geschützt werden. Durch den Nestschutz ist das Neugeborene für eine gewisse Zeit gegen all die Krankheiten geschützt, gegen die die Mutter Antikörper gebildet hat, ob durch Impfung oder durchgemachte Infektion." In Deutschland werden Schwangere nur in Einzelfällen geimpft In den USA und anderen Ländern werden Schwangere bereits gegen das Coronavirus geimpft, weil sie ein erhöhtes Risiko für schwere Covid-19-Krankheitsverläufe haben. In Deutschland sind Corona-Schutzimpfungen mit dem mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna auch möglich, allerdings impfen Frauenärzte Schwangere nur in Einzelfällen, weil die Ständige Impfkomission (Stiko) bislang keine generelle Impfempfehlung veröffentlicht hat. Die Stiko hat ihre Empfehlung für Schwangere lediglich angepasst. Aufgrund des erhöhten Risikos für schwere Covid-19-Krankheitsverläufe empfiehlt die Stiko, Schwangere nach individueller Risikoanalyse im zweiten Schwangerschaftsdrittel mit einem mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus zu impfen. Nach Ansicht von Stiko-Mitglied Marianne Röbl-Mathieu fallen Schwangere damit wie ihre Kontaktpersonen in die Priorisierungsgruppe 2. Viele Schwangere gehen deshalb davon aus, dass sie nun auch im großen Stil priorisiert geimpft werden, doch das ist nicht der Fall. Studien aus den USA und Israel zeigen gute Ergebnisse &bdquo;Anstelle einer klaren Empfehlung, wälzt die Stiko damit mal wieder die Verantwortung auf uns Ärzte ab", kritisiert der Bielefelder Gynäkologe Rolf Englisch, Vorsitzender des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF) in Westfalen-Lippe. Denn die Stiko empfiehlt Schwangeren nach Angaben des Bielefelders zwar Impfungen, lässt aber offen bei welchen Risikofaktoren. Nach Angaben von BVF-Präsident Christian Albring kann es nicht Aufgabe der niedergelassenen Ärzte sein, &bdquo;bei all ihren Schwangeren, die fast alle sehr gern und dringend geimpft werden möchten, jetzt dieses Risiko zu beurteilen". Von der Stiko gebe es keine Vorgaben, &bdquo;was unter einem solchen erhöhten Expositionsrisiko zu verstehen ist". Zudem sei die Haftungsfrage im Fall eines Zwischenfalls weiter ungeklärt. Für viele Gynäkologen ist nicht nachvollziehbar, warum die Stiko keine generelle Impfempfehlung ausgesprochen hat. &bdquo;Medizinisch und menschlich ist es nicht mehr nachvollziehbar, warum die Stiko aufgrund mangelnder Datenlage keine generelle Impfempfehlung aussprechen kann. Es liegen mittlerweile Studien aus Israel und den USA vor, die zeigen, dass mRNA-Impfstoffe auch bei Schwangeren gut wirken und verträglich sind", erklärt Englisch.

Meistgelesen