Familienminister Stamp: So könnte Öffnungsplan für Lockerungen in NRW aussehen

Düsseldorf. In gut einer Woche enden die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Aus dem Familienministerium kommen nun in Gestalt eines Fünf-Phasen-Modells konkrete Vorschläge, wie es dann weitergehen soll. Sie orientieren sich auch daran, dass der Verfassungsgerichtshof NRW vergangenen Freitag einer Klägergruppe unter anderem aus Ostwestfalen-Lippe zwar eine Absage für Präsenzunterricht erteilte - gleichzeitig das Land aber auch zur Überprüfung der Maßnahmen und ihrer Verhältnismäßigkeit mahnte. "Das müssen wir ernstnehmen", sagte Familienminister Joachim Stamp (FDP). Gleichzeitig wies er auch darauf hin, dass NRW sich zwar weiterhin bei übergeordneten Fragen mit dem Bund und anderen Ländern abstimmen müsse. "Wir müssen gleichzeitig aber auch in eigener Verantwortung Entscheidungen treffen, die sich von denen anderer Bundesländer unterscheiden können." Mit Blick auf die Entwicklung in anderen Ländern plädiert Stamp für einen behutsamen Fünf-Phasen-Plan. "Unüberlegte Öffnungen nach einem harten Lockdown können zu sprunghaftem Infektionsgeschehen führen und damit wenig später einen erneuten harten Lockdown notwendig machen." Wichtig seien auch die Kriterien, von denen die Umsetzung der einzelnen Stufen abhänge. Hier nannte Stamp die 7-Tages-Inzidenz, die Ü-80-Inzidenz, die verfügbaren Plätze in der Intensivmedizin, der Stand der Digitalisierung bei den Gesundheitsämtern, die Impfquote bei Risikopatienten und Pflegepersonal und zertifizierte Selbsttests. Phase 1: Leicht abnehmendes Infektionsgeschehen Bedingungen: landesweite 7-Tages-Inzidenz: 100 bis 75, Ü-80-Inzidenz: 200 bis 150, steigende Zahl freier Plätze auf Intensivstationen, sinkende Zahl von COVID-19-Hospitalisierungen, Impfung von Pflegeheimen weitgehend abgeschlossen, erweiterte Kontaktverfolgung durch Gesundheitsämter Änderungen: Einführung von Präsenz- und oder Wechselunterricht an Schulen, vorrangig für Grundschulen und Abschlussklassen, Öffnung von Außensport für Kinder, Öffnung der Friseure bei fester Terminvergabe. Phase 2: Kontinuierlich fallendes Infektionsgeschehen Bedingungen: landesweite 7-Tagesinzidenz: 75 bis 50, Ü-80-Inzidenz: 150 bis 100, dauerhaft ausreichende freie Plätze auf Intensivstationen, weiterhin sinkende Zahl von Hospitalisierungen, umfassende Kontaktverfolgung durch Gesundheitsämter, Impfung der Pflegeheime weitgehend abgeschlossen Änderungen: Kontaktbeschränkung auf zwei komplette Haushalte, eingeschränkter Regelbetrieb in Kitas, angepasster Schulbetrieb, Präsenzprüfungen an Universitäten, Öffnung des Handels unter strengen Hygieneauflagen und Quadratmeterbegrenzung, Öffnung der Außengastronomie, Öffnung der Tierparks, des Hallensports und Außensports für zwei Personen, Öffnung körpernaher Dienstleistungen unter Hygieneauflagen Phase 3: Deutlich fallendes Infektionsgeschehen Bedingungen: landesweite 7-Tage-Inzidenz: 50 bis 25, Ü-80-Inzidenz: 100 bis 50, dauerhaft ausreichende freie Plätze auf Intensivstationen, weiterhin sinkende Zahl von COVID-Hospitalisierungen, umfassende Kontaktverfolgung durch Digitalisierung der Gesundheitsämter ist sichergestellt, Selbsttests für Beschäftigte von Bildung- und Betreuungseinrichtungen vorhanden. Veränderungen: Regelbetrieb unter Pandemiebedingung in Kitas (Stundenreduzierung nur noch kitascharf nach Personalsituation), angepasster Schulbetrieb, eingeschränkter Regelbetrieb an Hochschulen, eingeschränkte Jugendarbeit, Öffnung von Musikschulen für Einzelunterricht, Öffnung von Theatern, Kinos und Bibliotheken mit begrenzter Besucherzahl, Öffnung des Amateur-Sports ohne Kontaktsport, Öffnung von Speisegastronomie und Kantinen, Öffnung von Hotels und Fahrschulen, Hochzeiten und Beerdigungen mit bis zu 50 Personen Phase 4: Anhaltend geringes Infektionsgeschehen Bedingungen: landesweite 7-Tagesinzidenz von 25 bis 10, Ü-80-Inzidenz 50 bis 25, weitgehender Regelbetrieb in Krankenhäusern, gesicherte umfassende Kontaktverfolgung durch Gesundheitsämter, Impfung Krankenhauspersonal abgeschlossen, ausreichend Selbsttests für Wohnheime, Pflege und Sammelunterkünfte Änderungen: Kontaktbeschränkung auf fünf Haushalte und 10 Personen, Regelbetrieb in Kitas, generelle Öffnung für Sport, Öffnung von Fitnessstudios, Schwimmbädern und Sonnenstudios unter Hygieneauflagen und mit begrenzter Personenzahl, Aufhebung des nächtlichen Alkoholkaufsverbots, Öffnung von Freizeitparks und Indoorspielplätzen, Hochzeiten und Beerdigungen mit bis zu 100 Personen Phase 5: Dauerhaft kontrollierbares Infektionsgeschehen Bedingungen: landesweite 7-Tages-Inzidenz unter 10, Ü-80-Inzidenz unter 20, regulärer Betrieb in Krankenhäusern, vollständige Kontaktverfolgung durch Gesundheitsämter, Impfung der über 80-Jährigen weitgehend abgeschlossen, Impfung weiterer Risikogruppen weitgehend abgeschlossen, ausreichend Selbsttests für den täglichen Gebrauch Änderungen: Aufhebung der Kontaktbeschränkungen, Öffnung von Veranstaltungen unter Hygieneauflagen und Selbsttests, generelle Öffnung von Kneipen und Bars unter Hygieneauflagen und Selbsttests Außerdem sieht der Plan aus dem Familienministerium die Einführung einer Notbremse vor, die einen ständigen Wechsel zwischen Öffnungen und harten Lockdowns verhindern und zielgenaue und begrenzte Grundrechtseingriffe ermöglichen soll. Sie beinhaltet unter anderem Schließungen von Gastronomie und Handel, feste Einkaufszeiten für Hochrisikopatienten, vollständige Schließungen von Schulen und Kitas mit Notbetreuung ausschließlich für Kinder, deren Eltern beide in der Gesundheitsversorgung tätig sind und bei Kindeswohlgefährdung. Stamp: "Die Corona-Notbremse muss nach Brechen des Infektionsanstiegs umgehend im Sinne des Fünf-Phasen-Modells durch mildere Maßnahmen ersetzt werden."

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