Antikörper-Mittel gegen Covid-19 künftig auch in Kliniken in OWL

Berlin/Bielefeld. Impfstoffe gegen das Coronavirus gibt es inzwischen viele, Medikamente für die Therapie von Covid-19-Patienten hingegen kaum. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat mit seiner Ankündigung, dass ab Februar Antikörper-Medikamente in Deutschland zum Einsatz kommen, große Hoffnungen geweckt. Doch sind die berechtigt? Antworten auf die wichtigsten Fragen: Welche Mittel hat die Bundesregierung eingekauft?Laut Spahn hat die Bundesregierung 200.000 Dosen von zwei Antikörper-Mitteln gekauft. Dabei handelt es sich um die Medikamente Regn-Cov2 sowie Bamlavinimab der US-Unternehmen Regeneron und Eli Lilly. Weltweit bekannt wurde das Mittel von Regeneron, weil der ehemalige US-Präsident Donald Trump damit behandelt wurde. Wie wirken die Mittel?Die sogenannten monoklonalen Antikörper werden nach Angaben der Apothekerin des evangelischen Klinikums Bethel (EvKB), Annika Hilgers, im Labor hergestellt und sollen das Coronavirus nach einer Infektion außer Gefecht setzen, es also daran hindern in die menschlichen Zellen einzudringen. &bdquo;Monoklonal bedeutet, dass die eingesetzten Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierten Ziel angreifen." Im Unterschied dazu bildet der menschliche Körper nach einer Impfung oder einer Infektion einen Mix an Antikörpern, die das Virus an verschiedenen Stellen binden können. &bdquo;In solchen Fällen spricht man von polyklonalen Antikörpern." Polyklonale Antikörper werden in der Behandlung von Covid-19-Patienten bereits eingesetzt. Im Herz- und Diabeteszentrum (HDZ) NRW in Bad Oeynhausen und anderen Kliniken können genesene Patienten Blutplasma spenden, das Antikörper erhält und Erkrankten verabreicht wird. Wo kommen die Medikamente zum Einsatz?In den USA haben die beiden Pharmahersteller für ihre Arzneimittel eine Notfallzulassung erhalten. In der EU sind sie bislang nicht zugelassen. &bdquo;Das bedeutet, dass die Studienlage noch sehr dünn ist. Deshalb lässt sich auch noch nicht abschließend sagen, wie gut sie wirklich helfen. Auch nicht mit Blick auf die Virusmutationen", warnt Hilgers. Laut Spahn sollen die Medikamente trotzdem ab nächster Woche in Deutschland als erstem Land in der EU eingesetzt werden, da nach vorliegender Studienlage die Mittel dabei helfen können schwere Verläufe zu verhindern. Allerdings werden die Mittel zunächst nur in ausgewählten Universitätskliniken eingesetzt. Das Gesundheitsministerium prüft derzeit mögliche Einsatzorte. Nach Informationen von nw.de auch in OWL, unter anderem in den Mühlenkreiskliniken (MKK), in dessen Krankenhäusern seit Beginn der Pandemie knapp 1.000 Covid-19-Patienten behandelt wurden. &bdquo;Wir haben die Zusage des Gesundheitsministeriums erhalten, dass wir die Mittel einsetzen dürfen", erklärt MKK-Sprecher Christian Busse. Auch das HDZ kann die neuen Mittel bei Bedarf abrufen, erklärt Sprecherin Anna Reiss. Das Klinikum Bielefeld und das EvKB haben hingegen keinen Zugriff Verteilt werden die Mittel in OWL, wie schon bei dem Medikament Remdesivir, über das Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn. &bdquo;Das Paderlog, unser Zentrum für Krankenhauslogistik und Klinische Pharmazie, fungiert als eine von acht Verteilerstellen in NRW", erklärt Sprecherin Simone Yousef. &bdquo;Es liegen bereites mehrere Vorbestellungen von Kliniken vor, vor allem aus OWL. Allerdings sind die Mittel noch nicht eingetroffen." Unklar sei auch, ob sie dann auch im Brüderkrankenhaus Paderborn eingesetzt werden dürfen. Welchen Patienten helfen die Arzneimittel?Anders als von Trump behauptet, handelt es sich bei den Medikamenten nach Einschätzung Hilgers nicht um Wundermittel. &bdquo;Der Nutzen der Mittel ist begrenzt, weil sie Covid-19-Patienten offenbar nur in der Frühphase der Erkrankung helfen", bestätigt der Direktor der Klinik für Infektiologie der Universitätsmedizin Essen, Oliver Witzke. Schwer kranken Patienten, die beatmet werden müssen, &bdquo;helfen die Mittel hingegen nicht mehr und können Krankheitsverläufe sogar noch verschlimmern". Deshalb seien auch die Antikörper-Medikamente nur ein kleiner Baustein in der Behandlung von Covid-19-Patienten. &bdquo;Das Mittel kann lediglich dabei helfen, die Zeit zu überbrücken, bis alle Risikopatienten durch eine Impfung gegen das Coronavirus geschützt sind", sagt Hilgers. Denn anders als bei einer Impfung lerne das Immunsystem bei der Gabe von Antikörper-Mitteln nicht, wie es mit einer Infektion umgehen soll. &bdquo;Eine Impfung aktiviert hingegen das Immunsystem und regt es zur Bildung eigener Antikörper an." Wie kommen die Medikamente zu den Patienten?Da die Mittel nur in der Frühphase der Erkrankung helfen, müssen sie laut Witzke bereits wenige Tage nach Symptombeginn intravenös verabreicht werden, bevor das Immunsystem der Patienten eigene Antikörper bildet. &bdquo;Dabei müssen die Patienten aber beobachtet werden, falls es zu allergischen Reaktionen kommt." Das Problem: In der Frühphase der Erkrankung sind die meisten Betroffenen noch nicht im Krankenhaus. &bdquo;Das ist auch richtig, weil die Kliniken sonst überfüllt wären. Doch daraus entstehen für die Gabe der Antikörper Schwierigkeiten, da ambulante Isolierstationen auch in großen Kliniken oft nicht vorhanden sind." Aus diesem Grund müssen die Kliniken nun in Abstimmung mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) und dem Gesundheitsministerium eine passende Infrastruktur entwickeln. Witzke wird daran beteiligt sein, da er das RKI als Teil der Kommission Intensivmedizin, Infektiologie und Notfallmedizin bei Fragen zur Therapie von Covid-19-Fällen berät. &bdquo;Im ersten Schritt müssen Menschen mit einem hohen Risiko für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf nach einem positiven Corona-Test als solche identifiziert werden", erklärt Witzke. &bdquo;Im zweiten Schritt müssen sie über die Möglichkeiten der Antikörper-Therapie aufgeklärt werden und im dritten Schritt die Medikamente in der Klinik erhalten." Vergleichbar sind die Probleme auch bei der Gabe von Antikörper-Plasma. &bdquo;Studien zeigen auch hier, dass die Gabe in der Frühphase der Erkrankung erfolgen muss, damit Patienten geholfen werden kann", erklärt Witzke. &bdquo;Das Plasma darf nur in der Klinik als individueller Heilversuch verabreicht werden." Zu Beginn der Pandemie erhielten allerdings vor allem schwer kranke Patienten die Präparate, die bereits intensivmedizinisch versorgt werden müssen. &bdquo;Das war nicht optimal und ist inzwischen optimiert worden."

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