"Infektionen gibt es auch bei uns": Wie Corona Polizeiarbeit verändert

Bielefeld. Die Corona-Pandemie macht letztendlich vor niemandem Halt - auch vor der Polizei nicht. Seit fast einem Jahr arbeiten die Beamten unter teils anderen Bedingungen. Doch wie hat sich die Arbeit der Polizei in NRW verändert? Eine Übersicht. Selbstschutz "Durch Corona musste sich die Polizei auch damit beschäftigen, wie wir uns selbst schützen können", berichtet Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW. Auch hier mussten Regeln her, um möglichst wenig Kontakt untereinander zu haben. "Die Schließung einer ganzen Dienststelle wegen einer Infektion wäre ein Worst-Case-Szenario", sagt Mertens weiter. Er meint jedoch auch, dass die Umsetzung der internen Maßnahmen bisher sehr gut geklappt habe. So hatte man in einzelnen Dienststellen 12-Stunden-Schichten eingeführt. Dadurch konnte die dritte Dienstgruppe in Reserve gehalten werden, um im Falle einer Infektion innerhalb einer Dienstgruppe sofort als Ersatz zur Verfügung zu stehen. Ein System, das auch für Kritik gesorgt hat. Mittlerweile ist man bei der Polizei wieder im Regelbetrieb. Auch Mertens übt an einem Punkt Kritik: "Mich enttäuscht, dass wir keine zusätzlichen Möglichkeiten haben, was den Selbstschutz angeht." Was er meint: Beispielsweise Schnelltests für die Polizei. "Ich hoffe, dass die Kollegen, die regelmäßig Kontakt mit Bürgern im Einsatz haben, schnellstmöglich geimpft werden." Wie viele Polizisten im Bundesland tatsächlich an Corona erkrankten, bleibt unklar. In NRW werden die Zahlen zu erkrankten oder sich in Quarantäne befindenden Polizisten nicht veröffentlicht. Aus einsatztaktischen Gründen, erklärt ein GdP-Sprecher. Man wolle potenziellen Straftätern schließlich keine Hinweise darüber geben, ob einzelne Dienststellen womöglich schwächer besetzt sind. Mertens sagt aber auch: "Wir sind ein Spiegelbild der Gesellschaft - Infektionen gibt es auch bei uns." Einsätze Auch das Einsatzgeschehen habe sich laut Mertens durch Corona deutlich verändert. "Taschendiebe oder Einbrecher haben durch die Pandemie und die Maßnahmen schlechte Karten", berichtet er. Dementsprechend rückläufig seien auch die Einsatzzahlen bei diesen Delikten. Im Internet floriere dagegen die Kriminalität. "Man merkt immer wieder, wie schnell beispielsweise Trickbetrüger umspringen", sagt er. Was er meint: Verschiedene bekannte Maschen werden in kurzer Zeit auf das Coronavirus umgemünzt. Erst kürzlich wurde auf Betrüger hingewiesen, die versucht haben, mit dem Vorwand einer Impfung ihre Opfer zu prellen. "Wir hatten zudem die Befürchtung, dass die häusliche Gewalt ansteigt. Das ist zum Glück aber nicht passiert", sagt Mertens und betont zugleich: "Die Zahl sinkt aber auch nicht." "Während der ersten Corona-Welle war weniger los. Mittlerweile merken wir aber, dass wir wieder häufiger einschreiten müssen", gibt Mertens zudem Einblicke. Ganz oben auf der Liste der Polizei stehen nun Einsätze, "die man so vor einem Jahr nicht kannte", sagt Mertens: nämlich die Kontrolle von Corona-Maßnahmen, immer ausgestattet mit einer Schutzmaske. Dazu zählt etwa das Einhalten der Maskenpflicht, der Kontaktbeschränkungen oder der Corona-Schutzverordnung an sich. Wie hoch der zusätzliche Aufwand dafür ist, könne Mertens nicht konkret sagen. "Das ist von Tag zu Tag verschieden - aber dennoch ist die Kontrolle ein fester Bestandteil unseres Einsatzbildes." Nur so viel: Von einem höheren Aufwand will er nicht sprechen. "Denn dafür entfallen ja typische Einsätze wie im Rahmen von Fußballspielen oder bei Partys", sagt Mertens. Dennoch scheint der Berg an Überstunden, den die NRW-Polizei vor sich herschiebt, nicht zu sinken. Auf etwa fünf Millionen solcher Stunden schätzt Mertens den Wert. "Und der ist 2020 ungefähr gleich geblieben", meint er. Attacken Auch, wenn die Corona-Kontrollen womöglich keinen Mehraufwand für die Polizisten darstellt, betont Mertens auch: "Die persönliche Belastung für die Kollegen ist eine andere!" Was er meint, ist die allgegenwärtige Gefahr und Sorge vor einer Corona-Infektion. "Spuck- und Beißattacken stellen in diesen Zeiten zudem ein zusätzliches Drohszenario dar", betont er. Ob die Attacken in NRW tatsächlich während der Corona-Pandemie zugenommen haben, bleibt unklar. Solche Taten werden in einem Lagebild erfasst, das in der Regel im Frühjahr veröffentlicht wird - dementsprechend liegen in NRW noch keine validen Zahlen vor. Zumindest in Rheinland-Pfalz seien nach Einschätzung der Landesvorsitzenden der GdP die Zahlen gestiegen. "Das geht von beleidigenden Ansprachen über die Drohung des Spuckens bis zum Anspucken selbst", sagte Sabrina Kunz.

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