Wie sich die italienische Mafia in NRW ausbreitet

Bielefeld. In Italien läuft seit Mittwoch ein Mega-Prozess gegen Mitglieder der berüchtigten Mafia-Organisation 'Ndrangheta. Doch das Problem mit der Mafia ist nicht nur in Italien allgegenwärtig. Auch in Deutschland und NRW haben sich Mafia-Strukturen mittlerweile verfestigt. Das zeigt nicht zuletzt ein Bericht an den NRW-Innenausschuss: Vor allem die 'Ndrangheta aus der Region Kalabrien (Süditalien) hat sich mittlerweile im Bundesland ausgebreitet. Doch auch die Cosa Nostra oder Camorra sind hier vertreten. Auch ein Experte gibt Einblicke. Sie agieren unauffällig, heißt es von der Landesregierung. Für den normalen Bürger kaum wahrnehmbar, ergänzt Oliver Huth, stellvertretender Landesvorsitzender beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (bdk) in NRW und Experte für Organisierte Kriminalität - anders als etwa Rocker oder Clans. Doch das bedeutet nicht, dass die Mafia-Gruppen fernab von kriminellen Feldern agieren. Im Gegenteil. Geldwäsche im großen Stil Huth nennt dabei die Geldwäsche als eine Form, in der sich vor allem die 'Ndrangheta bewegt - mit Gastronomiebetrieben wie Eisdielen oder italienischen Restaurants. "Solche Gewerbe überschwemmen uns regelrecht. Das Problem dabei ist, dass es bei der Geldwäsche eine kriminelle Vortat gibt", berichtet der bdk-Vize. Meist sei das der Drogenhandel. "Und der findet in der Regel international im Ausland statt." Andere Formen, die sich Mafia-Gruppen zuordnen ließen, seien beispielsweise Kfz-Verschiebung, verschiedene Formen des Betrugs oder andere Steuer- und Zolldelikte sowie verschiedene Formen der Fälschung. Beim internationalen Drogenhandel und -schmuggel - insbesondere bei der 'Ndrangheta - sei eine Zusammenarbeit mit albanischen Gruppen zu erkennen, heißt es von der NRW-Landesregierung. Eine Zusammenarbeit mit Rockern oder Clans bestehe in NRW nicht. Auch gewalttätige Auseinandersetzungen wurden zuletzt nicht registriert. Allerdings wurde NRW vor mehreren Jahren zum Schauplatz eines regelrechten Mafia-Kriegs: In Duisburg wurden 2007 sechs Menschen bei einer Schießerei getötet. "Die Folge eines Konflikts, der in Italien entstanden ist", ordnet Huth ein. Doch seitdem ist es in der öffentlichen Wahrnehmung durchaus ruhiger um die italienische Mafia geworden. Duisburg gilt als Hotspot Dennoch: Als Mafia-Hochburgen nennt Huth dabei den Niederrhein und Duisburg, aber auch andere Großstädte wie Köln und Düsseldorf. "Die Mafia dringt aber auch in den ländlichen Bereich vor", sagt Huth. Auch OWL geriet laut verschiedenen Berichten bereits ins Fadenkreuz der Banden, etwa sollen Mitglieder der Cosa Nostra in der Region Blitzeinbrüche und Raubüberfälle verübt haben. Die Rheinische Post berichtete im November 2020 von mindesten 117 mutmaßlichen Mitgliedern der italienischen Mafia in NRW. "Das Dunkelfeld ist aber riesig", warnt Huth. Ende 2019 berichteten verschiedene Medien von einer Mitgliederzahl des Bundesinnenministeriums: Demnach soll es in Deutschland 800 bis 1.000 Mitglieder der 'Ndrangheta geben. Neben NRW zählt vor allem Baden-Württemberg als absolute Hochburg der italienischen Mafia in Deutschland. Doch wie sind die Mafia-Strukturen in Deutschland überhaupt entstanden? Huth führt das auf den Zuzug vieler italienischer Gastarbeiter zurück, unter denen auch einige wenige Mitglieder der organisierten Kriminalität vertreten waren. "Seitdem haben sich die Strukturen verfestigt", sagt er. Dabei stelle NRW aber nicht nur ein Ziel für kriminelle Taten dar oder fungiere als Transitland - beispielsweise für Drogen -, sondern diene auch dem Rückzug. "Etwa, wenn es in der italienischen Heimat Probleme mit anderen Gruppen gibt oder mit der Strafverfolgung."

Meistgelesen