15-Kilometer-Regel und Co.

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Scharfe Kritik an Corona-Chaos in NRW: Was jetzt noch gilt

Die jüngste Kommunikationspolitik des Landes löst viel Diskussion aus. Bürger zeigen sich verunsichert. In einer Sondersitzung hat sich Armin Laschet entschieden verteidigt.

Geschäfte bleiben weiter zu. | © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Ingo Kalischek
13.01.2021 | 13.01.2021, 06:40

Düsseldorf. Die Rede ist von Kommunikationschaos, von öffentlichen Widersprüchen und stümperhafter Politik: Die Opposition hat am Dienstag in einer Sondersitzung des Landtages den jüngsten Corona-Kurs der Landesregierung scharf kritisiert – und Forderungen aufgestellt. Was gilt jetzt noch und wie wird es kontrolliert? Ein Überblick.

Kontaktbeschränkung

Seit Montag dürfen sich in NRW ein Hausstand und eine weitere Person treffen. Diese Person darf aber ihre zu betreuenden Kinder dabei haben, wenn das nicht anders möglich ist, heißt es vom Gesundheitsministerium. In der Corona-Schutzverordnung von NRW gilt diese Kontaktbeschränkung nur für den öffentlichen Raum. Das kritisiert SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Er ist der Meinung, dass Kontakte mittlerweile ohnehin nur noch im privaten Raum stattfinden, weil in der Öffentlichkeit alles untersagt ist. „Der private Raum ist aber nicht geregelt", so Kutschaty. So seien auch „Kaffeekränzchen" und „Skatabende" erlaubt.

Das wies Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in der Sondersitzung entschieden zurück. „Wir haben seit März die Regelung, dass wir nicht in private Wohnungen gehen." Das habe NRW aus gutem Grund beibehalten. Wenn aber die SPD nun Beispiele kreiere, wie man diese Lücke umgehe, würde sie den Eindruck erwecken, dass das möglich wäre, so Laschet. „Kreieren Sie nicht Beispiele, wie man das Gesetz umgeht. Das ist nicht gut in diesen Zeiten", sagte Laschet an die Adresse der SPD.

Kutschaty betonte auf Nachfrage, dass es verdachtsunabhängige Kontrollen im privaten Raum nicht geben solle. Aber: „Da, wo Menschen es versuchen, habe ich nichts dagegen, dass das Ordnungsamt auch nachschaut und kontrolliert." Die Landesregierung müsse die Schlupflöcher in der Verordnung schließen. Verena Schäffer, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte: „Die ganzen letzten Tage waren ein einziges Kommunikationschaos." Politik verspiele Vertrauen und Zustimmung.

15-Kilometer-Regel

Die Einführung des Bewegungsradius von 15 Kilometern über Nacht sei die Krönung widersprüchlicher Aussagen, so Schäffer. Den Menschen in den Kreisen werde eine Verordnung vor die Füße gekippt, die von heute auf morgen gelte – und die Bewegungsfreiheit der Bürger massiv einschränke. Dadurch werde das Vertrauen in die Verlässlichkeit staatlichen Handelns massiv untergraben, so Schäffer. Auch der Landrat des Kreises Höxter, Michael Stickeln (CDU), übte Kritik an der Verordnung: Bürger hätten keine Möglichkeit gehabt, sich rechtzeitig zu informieren und darauf vorzubereiten. Viele Bürger hatten demnach am Dienstag beim Kreis angerufen, um Infos zu erhalten.

Homeoffice

Die Grünen fordern, dass Menschen wieder verstärkt im Homeoffice arbeiten, „wo immer es geht", so Schäffer. Das dürfe nicht die Ausnahme, sondern müsse die Regel in dieser Pandemie sein. Ohne Not werde von vielen Arbeitgebern eine Präsenzpflicht eingefordert.

Schule

Die SPD geht davon aus, dass eine Rückkehr zum Präsenzunterricht ab Februar nicht bei allen Schülern gelingen wird. Schüler sollten notfalls in anderen Räumen unterrichtet werden, zum Beispiel in leerstehenden Gemeindesälen, so Kutschaty. Wenn das nicht klappe, solle die Klassenstärke vor Ort halbiert werden – also im Wechsel unterrichtet werden, so der Fraktionschef.

Information
Wo die 15-Kilometer-Regel gilt
In NRW wird der Bewegungsradius in extremen Hotspots auf 15 Kilometer rund um den eigenen Wohnort begrenzt. In OWL sind bislang die Kreise Höxter mit einer Wocheninzidenz von 233 und Minden-Lübbecke (217) betroffen. Auch die Stadt Bielefeld lag mit 238 über dem kritischen Grenzwert von 200. Dort gilt die Regel aber nicht. Oberbürgermeister Pit Clauen begründet das damit, dass die aktuellen Infektionszahlen in der Stadt aufgrund von Meldestaus nicht belastbar seien. Das Land NRW hatte zuvor eine Regionalverordnung veröffentlicht. Sie sieht vor, dass Bürger das betroffene Kreisgebiet nur verlassen dürfen, wenn dabei ein Umkreis von 15 Kilometer Luftlinie ab der Grenze des eigenen Heimatortes nicht überschritten wird. Gemeint ist die politische Grenze der jeweiligen Stadt. Die Regel gilt auch für Menschen, die in den betroffenen Kreis wollen. Ausnahmen sind Wege zur Arbeit, Schule, Kita oder für ehrenamtliche Besorgungen.