Er stand für die Versöhnung von Arbeit und Wirtschaft

Er war eine der großen politischen Figuren der Jahrtausendwende. Wolfgang Clement verkörperte als Bundesminister das große sozialdemokratische Experiment der Versöhnung von Arbeit und Wirtschaft, das er bereits als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Nachfolger seines Förderers Johannes Rau wie kaumein Zweiter betrieben hatte. Am frühen Sonntagmorgen verstarb Clement nach langer schwerer Krankheit im Alter von 80 Jahren in Bonn. Wolfgang Clement war ein Mann des Widerspruchs im doppelten Sinne. Er zögerte nie, seine klaren politischen Haltungen zu benennen und sie mit aller Härte zu vertreten. Er tat dies zu Beginn seiner Karriere als Chefredakteurs-Vize der Westfälischen Rundschau ebenso wie wenige Jahre später als Vize-Sprecher der SPD im Wahlkampf mit Johannes Rau als SPD-Kanzlerkandidaten gegen CDU-Kanzler Helmut Kohl. Weil Rau mit Clement für die absolute Mehrheit stritt, der damalige SPD-Vorsitzende Willy Brandt allerdings öffentlich kundtun ließ, 43 Prozent seien auch ein schönes Ergebnis, schmiss Clement seinen Job als Wahlkampfmanager und Vize-Sprecher der SPD hin. &bdquo;Herr, gib' mir Geduld – aber sofort!“ Wenig später zeigte er im engsten Kreise seiner Familie mit Ehefrau Karin und seinen fünf Töchtern im Garten des Bonner Hauses die andere Seite. Ein nicht weicher, aber sehr liebevoller Kümmerer mit Kindern auf den Knien, ohne genaue Vorstellung, was er nun tun werde, aber mit großer Gelassenheit und Geduld. Er ging zurück in den Journalismus. Geduld allerdings fiel ihm in der Politik sehr schwer. Auch Jahre später noch, als er 1989 erneut dem Ruf von Johannes Rau folgte und in die Landesregierung von NRW wechselte. Schnell wurde er dort der Kronprinz des Ministerpräsidenten. Doch von Jahr zu Jahr litt er mehr unter der Wartezeit hinter dem Regierungschef, seinem Freund und Förderer. Ungeduldig wartete er auf seine Chance als Raus Nachfolger. Das Zitat, das man ihm aus dieser Zeit zuschreibt, lautet: &bdquo;Herr, gib' mir Geduld – aber sofort!“ Seine Chance kam mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder. Im Juni 1998 übergab Rau sein Amt als Landesvater an Clement im Vertrauen auf seine spätere Wahl zum Bundespräsidenten. NRW sollte Bundesland Nummer 1 werden Nordrhein-Westfalen wollte Clement zum Bundesland Nummer 1, das Ruhrgebiet, aus dem er stammte, zu einem neuen Zentrum wirtschaftlichen Aufschwungs machen. Er plante viele Leuchttürme – insbesondere mit dem Ziel, NRW zum führenden Medienland der Republik zu machen und damit den Strukturwandel weg von Kohle und Stahl zu schaffen. Vier Jahre später aber ließ er sich von Gerhard Schröder überzeugen, als Superminister für Arbeit und Wirtschaft in die Bundespolitik zu wechseln. Mit seinem Namen sind die Hartz-Reformen ebenso verbunden wie mit dem Kanzler Schröder. Für Clement waren sie das wichtige Signal der Neuausrichtung sozialdemokratischer Politik zu einem &bdquo;Fordern und Fördern“. Damit begann aber zugleich auch die stetig zunehmende Entfremdung von seiner eigenen Partei. Das endete schließlich nach dem Aus für das Kabinett Gerhard Schröders im Streit um eine Einmischung in den hessischen Wahlkampf mit der Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti. Clement riet von ihrer Wahl ab. Ausgerechnet seine Ruhrgebiets-SPD in Bochum wollte ihn deshalb aus der Partei ausschließen. Er akzeptierte die daraus resultierende Rüge nicht, sondern trat aus der Partei aus. Er habe, sagte Wolfgang Clement vor einigen Wochen bilanzierend, viel Glück gehabt im Leben. Er meinte auch die Politik, aber vor allem seine Familie – Ehefrau Karin, seine fünf Töchter und seine 13 Enkelkinder stehen dafür. Sonntag früh ist Wolfgang Clement im engsten Kreis dieser Familie seiner schweren Krankheit erlegen. Von Thomas Seim.

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