Wie Ehrenamtliche die Weihnachtszeit noch schöner machen

Nieheim/Paderborn/Oerlinghausen. An der Eingangstür des Hauses hängen kleine Sterne. Vor der Tür steht eine Kerze. Trotz des trüben Dezemberwetters sieht es gemütlich aus. Die Tür geht auf und der Besuch wird vom Nikolaus begrüßt. Beziehungsweise von seinem Stellvertreter. Werner Leßmann will nicht lügen. Wenn die Kinder ihn fragen, ob er echt oder unecht ist, stellt er sich als Stellvertreter vom Heiligen Nikolaus vor. Er sei jetzt da, weil der Echte nicht mehr lebt. Seit mehr als 40 Jahren ist der 79-Jährige im Kreis Höxter mit Bart, Stab und Mitra unterwegs und bringt mit seiner Kostümierung Kinderaugen zum Strahlen. Als Nikolaus im Kindergarten Angefangen hat er mit seinen Auftritten, weil seine Cousine ihn gefragt hat, ob er für sie als Nikolaus im Kindergarten einspringen kann. Danach hat es sich herumgesprochen, dass er auftritt und er wurde nicht nur von Kindergärten, sondern auch Vereinen angefragt - das Kostüm habe er ja eh. Sechs Auftritte an einem Tag seien sein Rekord und auch der ein oder andere Auftritt an Heiligabend sei dabei gewesen. "Wenn man ein Mal den Kopf raus gestreckt hat, hat man schnell viele Aufgaben", sagt Leßmann und lacht. Eigentlich ist der gelernte Kaufmann und Kommunalpolitiker seit 16 Jahren Renter, er ist aber nicht nur als Nikolaus unterwegs, sondern auch im Männergesangsverein und der Vereinsgeschäftsführer des Sommerseller Dorfgemeinschaftshauses. Mit seinen Auftritten mache er nicht nur den Kindern, sondern auch sich selbst eine Freude, sagt er. Zum Dank bekäme er häufig selbstgemalte Bilder. Als er in seinen 1930er-Jahren mit den Auftritten angefangen hat, war sein jüngster Sohn selbst noch im Kindergarten. "Die älteren Töchter haben eher gelacht, hatten aber auch Respekt vor dem Kostüm", erinnert er sich. Das Kostüm besteht aus ausrangierten Kirchenkleidern, die seine Frau ausgebessert hat. Nur Bart und Perücke sind neu gekauft und inzwischen nicht mehr aus Wolle sondern Kunststoff. Nicht nur das Material des Barts hat sich über die Jahrzehnte geändert. Auch die Kinder. "Früher waren die jüngsten Kinder im Kindergarten etwa drei Jahre alt, heute sind jünger", sagt er. "Aber Mut ist nicht von Größe abhängig." Wenn ein Kind sich zu ihm traute, würden die anderen meist folgen. Als Schneeflocken in der Schulaula Mutig sind auch die Kinder der Jazztanzgruppe Talus vom TSV Oerlinghausen. Ein Jahr nach ihrer Gründung im November 2018 bereiten sich die Grundschülerinnen auf ihren ersten großen Auftritt vor. Schon vor dem Training toben sie am Nachmittag durch die kleine Turnhalle der Heinz-Sielmann-Schule. Dann ruft Trainerin Anna Mauk sie zusammen und schaltet das Lied "Wonderful Dream" von Melanie Thornton ein. Zusammen gehen sie ein letztes Mal die Choreografie durch, die sie bei der Weihnachtsfeier der AWO Senioren in der Aula vom Niklas-Luhmann-Gymnasium aufführen wollen. Sie proben Schulterrollen, Standwagen und Pferdchensprünge. Die siebenjährige Holly ist wegen des Auftritts aufgeregt. Am liebsten möge sie die Spiele zum Beginn des Trainings und das, "was Anna sich immer ausdenkt. Zum Beispiel, dass wir Schneeflocken sind." Als solche sollen sie ganz in Weiß gekleidet bei ihrem Auftritt die Zuschauer verzaubern. Luisa ist da abgebrühter. "Ich bin schon im Kindergarten als Biene Maja aufgetreten", sagt die Fünfjährige. Die Generalprobe verläuft gut. Nur ein Hinweis fehlt noch: "Der Ausgang in der Aula wird schmaler sein als hier in der Turnhalle", weist Mauk die Kinder am Ende der Stunde hin, "da müsst ihr euch in Zweierreihen aufteilen, damit das passt." Die 21-Jährige freut sich auf den Auftritt und dass die Kinder zeigen können, was sie bei ihr gelernt haben. Sie ist selbst schon seit ihrem dritten Lebensjahr Mitglied des TSV und wurde mit 19 Jahren Übungsleiterin. Dass sie sich neben ihrem Jurastudium in Bielefeld weiter in dem Verein engagiert, war für sie selbstverständlich. Das Training und die Auftritte machen ihr selbst auch Spaß. Als Kleinkünstler am Bahnhof Sichtlich Spaß an ihrer Arbeit haben auch Heiko Grosche und Robert Husemann am Paderborner Bahnhof. Und das, obwohl es regnet und kaum ein Reisender stehen bleibt. Die beiden Künstler unterstützen die Waffelbackaktion der Bahnhofsmission. Deren Leiterin Sabine Bergmaier hatte Grosche gefragt, ob er sich einen Auftritt dort vorstellen könnte. Und der Schauspieler konnte nicht nur, er fragte auch noch den Puppenspieler Robert Husemann, ob der nicht mitmachen wolle. Und so bauen die beiden am Morgen an Gleis 1 einen Koffer mit Puppen und ein Schifferklavier auf. "Ich bin seit Oktober im Ruhestand", sagt Husemann. "Jetzt habe ich endlich Zeit für solche Auftritte." Zuvor war er Fachdienstleiter bei der Lippstädter Feuerwehr. Grosche nimmt sich sogar in jeder Woche einen Tag Zeit für sein ehrenamtliches Engagement. Seit drei Jahren arbeitet er bei der Bahnhofsmission mit. "Ich habe morgens um sieben, wenn ich nach Münster gefahren bin, immer das Licht in der Bahnhofsmission gesehen und mich gefragt, was da los ist. Irgendwann bin ich hin und habe nachgefragt", erinnert er sich. Am häufigsten finde man ihn seit dem zwischen dem vierten und fünften Gleis. "Da ist keine Rolltreppe und kein Aufzug, da brauchen viele Leute Hilfe", sagt er. Am schönsten an seinem Engagement finde er, dass er oft die selben Pendler vorbeigehen sehe. "Vielen Schülern kann ich beim Wachsen zusehen", sagt er. Einige Schüler gucken an dem Freitagmorgen wiederum ihm bei seinem Auftritt zu, während sie auf ihren Zug warten. Eine junge Frau macht Fotos. Am Gleis gegenüber stehen zwei in Schwarz gekleidete Männer und verfolgen das Geschehen. Dann fährt der Zug nach Münster ein. Die Zuschauer verschwinden. "Viele hetzen vorbei", sagt Husemann. "Aber wenn ich ihnen mit der Puppe winke, winken sie kurz zurück und lächeln. Dafür mache ich das gerne."

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