Jusos NRW: "Aufschrei von konservativer Seite amüsiert mich"

Bielefeld/Berlin. Mit seinen Sozialismus-Thesen sorgt Juso-Chef Kevin Kühnert für ordentlich Diskussionsstoff. Auch innerhalb der SPD. Während nun auch Parteichefin Andrea Nahles die Thesen des Vorsitzenden der SPD-Jugendorganisation als "falsch" zurückweist, bekommt Kühnert aus NRW Unterstützung. Esdar: "Müssen auch über Alternativen diskutieren" Wiebke Esdar, Bielefelder SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im SPD-Bundesvorstand, sagt: "Wenn wir uns gesellschaftlich weiterentwickeln wollen, müssen wir auch über Alternativen diskutieren. Kühnert nennt ja keinen Zeitpunkt für Enteignung, sondern spricht über einen evolutionären Prozess." Sebastian Hartmann, Chef der SPD in NRW, sagte Spiegel Online: "Wir müssen die Debatte aufnehmen. Wir brauchen ein grundlegend neues Wirtschaftsmodell." Der ungeregelte Markt sei der Gegner und Ungleichheit der Sprengstoff der heutigen Zeit. Kühnert hatte in einem Interview mit der Zeit gesagt, dass er für eine Kollektivierung großer Unternehmen "auf demokratischem Wege" eintrete: &bdquo;Mir ist weniger wichtig, ob am Ende auf dem Klingelschild von BMW &bdquo;staatlicher Automobilbetrieb" steht oder &bdquo;genossenschaftlicher Automobilbetrieb" oder ob das Kollektiv entscheidet, dass es BMW in dieser Form nicht mehr braucht." Nahles: "Richtige Fragen, falsche Antworten" &bdquo;Man kann richtige Fragen stellen und trotzdem falsche Antworten geben", sagte Nahles nach einer Klausur der SPD-Fraktionsvorsitzenden von Bund und Ländern am Freitag in Leipzig. Die Antworten, die Kühnert gebe, finde sie falsch. Schon zuvor hatte es teils heftige Kritik aus der SPD gegeben. Der Präsident des SPD-Wirtschaftsforums, Michael Frenzel, forderte gar den Parteiausschluss Kühnerts. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der SPD, Johannes Kahrs, twitterte: "Was für ein grober Unfug. Was hat der geraucht? Legal kann es nicht gewesen sein." Kritik kam auch aus anderen Parteien. Diese Kritik können die Jusos in NRW nicht nachvollziehen. "Der Aufschrei von konservativer Seite amüsiert mich. Die Thesen und Forderungen aus dem Interview formulieren wir Jusos schon seit Jahren", sagt die Landesvorsitzende Jessica Rosenthal. "Ich empfehle allen in der SPD, die jetzt so ausgerastet sind, die Lektüre des SPD-Grundsatzprogramms. Das würde weiterhelfen. Mit den Beleidigungen gegen Kevin soll der Debatte bewusst ausgewichen werden." Rosenthal: "Angriffe können der Partei schaden" Im Interview hatte Kühnert gesagt, dass er nicht finde, dass es ein legitimes Geschäftsmodell sei, mit dem Wohnraum, anderer Menschen seinen Lebensunterhalt zu verdienen. "Konsequent zu Ende gedacht, sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt." Damit greife Kühnert die Vision des demokratischen Sozialismus auf und verknüpfe sie mit aktuellen Problemen, sagt Esdar. "Wir kennen auch in Bielefeld Fälle, in denen Wohnungsgesellschaften ihr Geschäftsmodell allein auf Profitmaximierung ausrichten, zulasten der Häuser und damit der Menschen, die in ihnen leben." Rosenthal glaubt nicht, dass die Debatte mitten im Europawahlkampf zu einem schlechten Zeitpunkt kommt. "Gerade die Angriffe und Beleidigungen aus der SPD können der Partei schaden. In einem Wahlkampf ist es wichtig, zu zeigen, dass es auch andere Perspektiven gibt. So wird die Positionierung der Partei bereichert und es ist wichtig, dass man sich das traut."

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