Kamen NRW-Linke wählt neues Führungsduo

Kamen. Nie hat eine Kandidatin für den Vorsitz der nordrhein-westfälischen Linken schon einmal so schlecht abgeschnitten wie Inge Höger. Sie erreicht am Ende gerade so das Quorum: Nur 117 Delegierte stimmen beim Landesparteitag in Kamen für die Herforderin, 97 gegen sie bei 18 Enthaltungen. Damit liegt sie weit hinter Ko-Chef Christian Leye, der bei 43 Gegenstimmen 167 Delegierte überzeugt. Högers Kandidatur war in der Partei von Beginn an umstritten. Häufig wurden ihr in der Vergangenheit antisemitische Positionen vorgeworfen. 2010 gehörte die frühere abrüstungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag zu den Passagieren der &bdquo;Mavi Marmara", eines türkischen Schiffes, das eine Gaza-Blockade durchbrechen sollte, dann aber vom israelischen Militär gestoppt wurde. Auf der &bdquo;Mavi Marmara", die angeblich Hilfsgüter nach Gaza liefern sollte, saßen auch Islamisten. Niemand tritt gegen Höger an In der Stadthalle von Kamen fragen die Delegierten lieber nach Högers Vorstellengen von einem &bdquo;sozial-ökologischen Umbau". Kritik hört man nur in Einzelgesprächen – etwa mit Daniel Schwerd. &bdquo;Ich habe Högers Positionen zur Nahost-Politik immer abgelehnt", sagt der Delegierte aus Köln, der schon für die Piraten im Landtag gesessen hat. Nun aber gehe es um Landesverband. Im zweitgrößten Landesverband der Linkspartei drängen sich nicht gerade viele Kandidaten für die vorderen Plätze auf. Niemand tritt gegen die 67-jährige Höger an, die Nachfolgerin der 34-jährigen Özlem Alev Demirel. Schwerd versucht, Högers fragwürdige Aktionen von ihrem neuen Amt zu trennen. &bdquo;Ich bin sicher, dass sie als Vorsitzende die Beschlüsse der Partei vertritt." Linke in NRW will Streit wie auf Bundesebene vermeiden Als der zweite Bewerber für den Vorsitz am Redepult steht, wird es laut im Saal. Christian Leye, der zum zum zweiten Mal antritt, streichelt die Seele der Partei, die bei der Landtagswahl im vergangene Jahr äußerst knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist. In der &bdquo;Verantwortung, die Partei zusammenzuhalten, brauchen wir alle Flügel", ruft der 37-jährige Bochumer Leye: &bdquo;Lasst uns Nordrhein-Westfalen nach links ziehen." Unbedingt vermeiden will die Linke, dass der offen ausgetragene Streit des Leipziger Bundesparteitags nach NRW herüberschwappt. Einige ärgern sich gewaltig über das Bild, das die Partei abgegeben habe: &bdquo;Die eiskalte Prinzessin Sahra (Wagenknecht) gegen die rote Hexe Katja (Kipping) – diese Darstellung nehmen wir so nicht hin", sagen Vertreterinnen des Frauenplenums. Wo steht die Linkspartei in der Auseinandersetzung um Flüchtlinge in Europa? Ihre Positionen teilten nur sieben Prozent im EU-Parlament, dagegen gebe es zwanzig Prozent rechte Populisten, konstatiert der Europaabgeordnete Martin Schirdewan. Möglicherweise bleibe für die Linke &bdquo;nur zur Zuschauerrolle" übrig. Um das zu verhindern, gelte es für die Partei, geschlossen aufzutreten. Schirdewan kritisierte die &bdquo;menschenfeindliche Migrationspolitik", die sich in Europa ausweite – &bdquo;so funktioniert unsere Europa nicht".