Die Qual der Studienwahl: in Deutschland gibt es immer mehr Studiengänge

Gütersloh/Berlin. Die Zahl und Vielfalt der Studienangebote in Deutschland ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das geht aus einer Analyse des Gütersloher Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) hervor. Ein Blick auf die Studienangebote der Hochschulen in NRW bestätigt den Trend: Innerhalb von zehn Jahren hat sich das Angebot mehr als verdoppelt. Rund 19.000 Studiengänge gibt es aktuell in Deutschland, rund 2.000 mehr als noch vor drei Jahren. In NRW wurden im Studienjahr 2005/06 2.320 Studiengänge angeboten, im Studienjahr 2016/17 waren es 4.861. &bdquo;Der Anstieg ist zum großen Teil auf die Umstellung auf das Bachelor-Master-System zurückzuführen. So kann es in einem Fach eine Vielzahl von Studiengängen geben", erklärt die Sprecherin des NRW-Wissenschaftsministeriums, Verena Hoppe.&bdquo;2005 überwogen noch die alten Diplom- und Magisterstudiengänge. Da für die meisten dieser Studiengänge ein neuer Bachelorstudiengang und mindestens ein neuer Masterstudiengang entstanden sind, überrascht das Wachstum nicht." Zudem werden Studiengänge in Voll- und Teilzeit mehrfach gezählt. Überraschend ist jedoch, wie stark die Zahl der Studiengänge innerhalb von nur drei Jahren gestiegen ist und wie schnell die Hochschulen mit Spezialisierungen neue akademische Felder erschließen. &bdquo;Die Zahlen dokumentieren eindrucksvoll die derzeit hohe Dynamik im Studienangebot. Dies gilt insbesondere für private Fachhochschulen und das Berufsfeld Pflege und Gesundheit, in dem viele neue Angebote geschaffen wurden", sagt Studienautor Cort-Denis Hachmeister.Die hohe Anzahl, der starke Anstieg und im Einzelfall kurios anmutende Namen der Studiengänge werden oft als Wildwuchs bezeichnet. Die Analyse des CHE kommt jedoch zu einem differenzierten Ergebnis und zeigt Schwerpunkte und Muster der Entwicklung auf. 60 Prozent der Studiengänge werden an Universitäten angeboten Etwa die Hälfte der zusätzlichen Studiengänge entfällt laut CHE auf die Universitäten, die mit rund 60 Prozent aller Studiengänge weiterhin den größten Anteil der Studiengänge in Deutschland anbieten. Die größte Zuwachsrate bei den Studienangeboten gibt es allerdings bei den Fachhochschulen, mit einem Plus von 16 Prozent. Die größte Dynamik ist dabei im Bereich der weiterführenden Studiengänge zu beobachten, besonders an privaten Fachhochschulen. Hier gab es zwischen 2014 und 2017 eine Steigerung der Studienangebote um fast 50 Prozent. Die Fächergruppe &bdquo;Medizin und Gesundheitswissenschaften" verzeichnete die höchste Zuwachsrate mit einem Plus von 25 Prozent. Beispiele für neu zugeschnittene Studiengänge in neuen akademischen Feldern finden sich auch im Studienangebot der Hochschulen in OWL. Die Hochschule OWL bietet ihren Studenten etwa seit dem Wintersemester den Bachelor-Studiengang &bdquo;Medizin- und Gesundheitstechnologie" an. Die Universität Bielefeld hat den Master-Studiengang &bdquo;Workplace Health Management" im Angebot, die Fachhochschule des Mittelstands den Bachelor-Studiengang &bdquo;Medical Sports & Health Management" und die Fachhochschule der Diakonie den Master-Studiengang &bdquo;Community Mental Health". 20 Prozent der Studiengänge haben noch klassische Bezeichnungen Neben der Analyse der Verteilung neuer Studiengänge nach Hochschultyp, Trägerschaft und Fächergruppe untersuchte das CHE auch die Vielfalt der Bezeichnungen der Studiengänge. Hierbei standen alle 2017 neu hinzugekommenen Studiengänge im Fokus. Aufgrund der Titel der neuen Angebote zeigten sich bestimmte Trends: Nur rund 20 Prozent der neuen Studiengänge haben noch klassische Bezeichnungen, wie etwa Chemie, die lediglich den Namen einer wissenschaftlichen Disziplin aufweisen. Bei rund einem Drittel deutet die Bezeichnung auf eine Ausdifferenzierung der Disziplin hin – wie zum Beispiel Hotelmanagement. Jeder sechste neue Studiengang kombiniert als sogenannter Hybrid-Studiengang verschiedene ehemals getrennte Fächer, wie zum Beispiel Wirtschaftsinformatik. Auffallend in der CHE-Analyse ist zudem die internationalere Ausrichtung der Studienangebote. Jeder dritte neu geschaffene Studiengang weist eine englischsprachige Bezeichnung auf.Spezialisierungen mit internationaler Ausrichtung finden sich auch im Studienangebot der Hochschulen in OWL. Neu im Portfolio der Universität Paderborn sind beispielsweise die Master-Studiengänge &bdquo;Applied Neurosciences in Sports & Exercise" und &bdquo;Optoelectronics & Photonics". Die Fachhochschule Bielefeld bietet &bdquo;Product-Service Engineering" an und die Hochschule OWL &bdquo;Integrated Design", &bdquo;Integrated Architectural Design" und &bdquo;Audiovisual Arts Computing" sowie am Standort Höxter &bdquo;Precision Farming". CHE-Geschäftsführer Frank Ziegele bewertet die Entwicklung solcher interdisziplinärer Angebote positiv: &bdquo;Aktuelle Herausforderungen, wie der Klimawandel, halten sich selten an die klassischen Fächergrenzen. Insofern haben solche disziplinübergreifenden Angebote auch ihre Berechtigung."

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