Paderborn/Düsseldorf

NW+-Icon
Vor zehn Jahren fegte
 der Orkan Kyrill über OWL hinweg

Am 18. Januar 2007 kommt das öffentliche Leben in NRW zum Erliegen. 14 Menschen sterben in der Sturmnacht und bei Aufräumarbeiten.

Ein Wald liegt am Boden: Das Bild eines Waldbestands im Eggegebirge bei Altenbeken verdeutlicht die Dimension des Orkanschadens. Insbesondere Fichten wurden umgeworfen oder abgeknickt. |

Carolin Nieder-Entgelmeier
11.01.2017 | 11.01.2017, 06:52

Paderborn/Düsseldorf. Der 18. Januar 2007 ist ein trüber Tag in Ostwestfalen-Lippe. Der Himmel ist wolkenverhangen und die Luft ist für einen Wintertag im Januar erstaunlich mild. Der Wetterdienst gibt Unwetterwarnungen heraus, weil ein Tiefdruckgebiet Richtung Mitteleuropa zieht. Orkan Kyrill ist mit Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 225 Kilometer pro Stunde auf dem Weg. Doch wie schrecklich die Folgen der Sturmnacht für OWL und den Rest von NRW werden, ahnt noch niemand.

In der Sturmnacht kommt das öffentliche Leben zum Erliegen. Behörden, Hochschulen, Betriebe und Schulen schließen vorzeitig. In Hunderten Haushalten fällt der Strom aus. Umgestürzte Bäume zerstören Häuser und verursachen ein Verkehrschaos.

Die Bahn stellt zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Betrieb flächendeckend ein. Alleine an den Bahnhöfen in OWL stranden Hunderte Reisende, die teilweise in Zügen übernachten, weil die Hotels schnell ausgebucht sind. An der Infrastruktur in NRW entstehen Schäden von mehr als 500 Millionen Euro.

Gefährliche Aufräumarbeiten: Forstwirt Norbert Schillings trennt den Stamm einer Fichte vom Wurzelteller im Haarener Wald in Bad Wünnenberg. Diese Arbeit gezählt zu den gefährlichsten Arbeiten im Wald. - © Friedrich Bertmann
Gefährliche Aufräumarbeiten: Forstwirt Norbert Schillings trennt den Stamm einer Fichte vom Wurzelteller im Haarener Wald in Bad Wünnenberg. Diese Arbeit gezählt zu den gefährlichsten Arbeiten im Wald. | © Friedrich Bertmann

Zerstörung: Luftbild eines geworfenen Waldbestands im Eggegebirge bei Altenbeken-Buke im Kreis Paderborn.  - © Joachim Padberg
Zerstörung: Luftbild eines geworfenen Waldbestands im Eggegebirge bei Altenbeken-Buke im Kreis Paderborn.  | © Joachim Padberg

In der Sturmnacht kommen in NRW sechs Menschen ums Leben. 153 Menschen werden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Die Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes und der Polizei sind im Dauereinsatz, sie fahren 55.000 Einsätze.

Doch erst, als am 19. Januar nach der verheerenden Sturmnacht die Sonne aufgeht, zeigt sich das gesamte Ausmaß der Zerstörung, das Kyrill zurückgelassen hat.
In NRW ist die Kraft des Orkans besonders in den Wäldern im Sauerland und im Siegerland spürbar, aber auch im Eggegebirge entstehen große Schäden. Kyrill wirft auf einer Schadensfläche von 50.000 Hektar 25 Millionen Bäume um. Zum Vergleich: Die in der Sturmnacht umgeworfene Holzmenge wird sonst in drei Jahren durch normalen Holzeinschlag erreicht.

Kyrill zerstört Existenzen von Waldbauern

„Für viele Waldbauern hat Kyrill die Arbeit von Generationen und damit auch Existenzen vernichtet", erklärt der Leiter des Regionalforstamts Hochstift, Roland Schockemöhle. „Kyrill war auch für die Region OWL eine Katstrophe, auch wenn Südwestfalen und andere Teilen des Landes noch stärker betroffen waren."

Der Schaden in den Wäldern in NRW beläuft sich auf mehr als 1,5 Milliarden Euro. Kyrill entwurzelt vor allem Fichten, weil die Baumart flach wurzelt und der Boden am 18. Januar durchnässt ist. „Die Fichte sollte deshalb aber nicht verteufelt werden, weil sie nach wie vor eine wichtige Baumart für die heimische Waldwirtschaft ist", sagt Schockemöhle. „Doch seit Kyrill wird mehr auf eine gesunde Mischung im Wald geachtet, obwohl waldbaulich nur bedingt Sturmschäden verhindert werden können."

Bereits am Tag nach Kyrill beginnen landesweit Aufräumarbeiten. In NRW verunglücken dabei acht Menschen tödlich. Zudem verletzen sich 800 Menschen. Allein die Aufarbeitung der Hauptschäden im Wald dauert mehr als zwei Jahre.