Seit 20 Jahren: "Fünf ist Trümpf"

Zum 1. Juli 1993 wurden die vierstelligen Postleitzahlen abgeschafft

02.07.2013 | 02.07.2013, 00:00
20 Jahre "Fünf ist Trümpf" - © Wirtschaft
20 Jahre "Fünf ist Trümpf" | © Wirtschaft

Bielefeld. Alte PLZ ade: Es war eine gewagte Reform, die die Bundespost vor genau 20 Jahren durchsetzte. Im wiedervereinigten Deutschland sollten zum 1. Juli 1993 fünfstellige Postleitzahlen eingeführt werden. "Fünf ist Trümpf", lautete damals der Werbeslogan von Maskottchen Rolf, einer überdimensionalen Hand. Das fanden jedoch nicht alle Bürger.

"Es war ein Mammutprojekt, eine riesige Kampagne", erinnert sich Barbara Lindemann, Niederlassungsleiterin des Briefzentrums der Deutschen Post in Herford. Ein solches Projekt habe es in der Geschichte der Post noch nie gegeben. "Ein ambitionierter Plan", sagt Lindemann. "Unser Ziel: Die Briefe sollten zuverlässig am Folgetag der Einlieferung beim Empfänger ankommen."

Die Reform sollte aber auch die Postzustellung in West und Ost erleichtern. Denn die war im Zuge der Wiedervereinigung völlig ineffizient geworden. In Nachbarländern gab es längst fünf- oder gar sechsstellige Postleitzahlen, warum nicht auch hier? Die Wiedervereinigung bot der Post den willkommenen Anlass: Gut 800 Orte in West und Ost hatten die gleichen Ziffern. "Ich habe zu der Zeit in Duisburg gearbeitet, und wir hatten die gleiche Postleitzahl wie Halle an der Saale", erinnert sich Barbara Lindemann. "4100", fügt sie schmunzelnd hinzu. Auch bei Bonn und Weimar, Kiel und Stralsund sowie Mainz und Gera kam es nach der Wiedervereinigung zu Überschneidungen. Zur Unterscheidung musste diesen Ziffern damals ein W beziehungsweise ein O vorangestellt werden. Das fünfstellige System sollte Klarheit schaffen.

Umstellung kostete 200.000 Euro

Doch die Skepsis blieb zunächst groß, die Nation stand Kopf. "Wie soll ich mir nur meine neue Postleitzahl merken", fragten sich viele Leute in den Wochen und Monaten vor der Einführung. Wie schnell würden Unternehmen ihre riesigen Adressdateien auf den neuesten Stand bekommen, und was würde die Umstellung kosten? Von Amtswillkür war die Rede und von "Postleidzahlen".

1993 warb Fingerfigur "Rolf" auf der CeBIT in Hannover für die neuen fünfstelligen Postleitzahlen. - © FOTO: DPA
1993 warb Fingerfigur "Rolf" auf der CeBIT in Hannover für die neuen fünfstelligen Postleitzahlen. | © FOTO: DPA

Insgesamt beliefen sich die Kosten auf 400.000 Mark (200.000 Euro). "Das Wort Chaos hat fünf Stellen", schrieb damals die FAZ. Doch nicht nur die Tatsache, dass die Bürger sich eine neue, fünfstellige Nummer merken mussten, sorgte für Frustration. Auch die Neuordnung der Zahlen verärgerte so manchen. "Wir haben uns diskriminiert gefühlt", sagt eine Ostwestfälin. In Bielefeld, Herford und Minden wechselte die Postleitzone von 4 auf 3. "Das hat nichts mit Nordrhein-Westfalen zu tun, das ist Niedersachsen", klagt die Frau.

Auch in anderen Bundesländern gab es Veränderungen. In Bayern wurden die Franken mit einer 9 von den Oberbayern mit 8 abgetrennt. Doch trotz der Aufregung: Die Umstellung von den vier- auf die fünfstelligen Postleitzahlen habe fast reibungslos geklappt. "Bereits am 1. Juli 1993 waren 57 Prozent der Briefe richtig adressiert", so Rainer Ernzer, Pressesprecher der Deutschen Post. Eine Woche später verwendeten bereits knapp 80 Prozent die richtige Postleitzahl. Bei der Umstellung helfen sollte das Postleitzahlenbuch - 1,3 Kilo schwer, 994 Seiten dick. 40 Millionen Exemplare des Wälzers wurden an die deutschen Haushalte verteilt.

Schnapszahlen sind besonders schön

Hinter den fünf Zahlen steckt natürlich ein ausgeklügeltes System: Die ersten beiden Ziffern stehen für die genaue geografische Zuordnung. Die drei folgenden Zahlen zeigen an, wo der Empfänger wohnt, ob es sich um einen Großkunden oder ein Postfach handelt. Zurzeit sind in Deutschland 28.683 Postleitzahlen vergeben, davon 8.208 für Orte und Gemeinden, 16.565 für Postfächer und 3.109 für Großkunden. Einige sind besonders schön, etwa die Schnapszahlen 22222 in Hamburg oder die 33333 in Gütersloh. Mit der Bräutigamseiche im Dodauer Forst in Eutin hat sogar ein Baum eine Postleitzahl.

Die neue Systematik und die hohe Automation hätten dazu geführt, dass die Briefe, Postkarten und Werbesendungen innerhalb kürzester Zeit bearbeitet werden, rühmt das Bonner Unternehmen die Neuerung. Das Unternehmen habe ein Mammutprojekt erfolgreich für die Kunden umgesetzt, erklärt Briefchef Jürgen Gerdes. Tatsächlich werden die Postleitzahlen inzwischen wie selbstverständlich hingenommen. Der Zank von damals und die Werbefigur Rolf sind schätzungsweise 15 Millionen Menschen heutzutage völlig unbekannt. Sie waren vor 20 Jahren noch nicht geboren.