Gütersloh. Achim Berg ist Autorennen gefahren. Professionell. Mit einer 500er Rennmaschine hat er sich in die Kurve gelegt. Achim Berg hat als Schneewanderer harte Aufstiege und tückische Abfahrten gemeistert. Und ist als Drachenflieger über die Gipfel geschwebt. "Ich habe mir jede Menge Knochen gebrochen", erzählt er.
Jetzt kommt Berg nach Gütersloh, als Vorstandsvorsitzender der Arvato AG. Seine Frau, eine gebürtige Paderbornerin, und den 16-jährigen Sohn bringt er mit nach Ostwestfalen.
Böse Zungen behaupten, auch der Arvato-Job, den er am 2. April antritt, sei ein halsbrecherisches Unterfangen. Achim Berg tritt an, das Gegenteil zu beweisen. Als Erstes hat er die Arvato-Chronik gelesen, die demnächst erscheint. "Das ist beeindruckend, wie Arvato quasi per Zellteilung gewachsen ist", lobt er. Es gebe keinen Wettbewerber, der derart breit aufgestellt sei wie der Dienstleistungs-, Outsourcing- und Druckspezialist Arvato. Nach dem Chronik-Lesen will Berg vor allem zuhören, sich mit den Arvato-Menschen unterhalten - keineswegs nur auf der Führungsebene.
So hat er es abgesprochen mit seinem Chef, dem Bertelsmann- Vorstandsvorsitzenden Thomas Rabe. Und mit der Bertelsmann-Matriarchin Liz Mohn. Ausführlich hat er mit der mächtigen Vorsitzenden der Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft gesprochen. Weniger über die gefährlichen Hobbys, die Berg größtenteils schon vor mindestens 15 Jahren hinter sich gelassen hat. Stattdessen waren gesellschaftliche Werte das zentrale Thema.
Um das Elternhaus ging es, um die Familie, um Erfahrungen aus Amerika. "Verantwortung ist für mich ein zentraler Begriff", sagt Berg. "Und Verlässlichkeit. Was ich versprochen habe, das muss ich auch halten."
Er will kein Ankündigungsmanager sein, Powerpoint-Präsentationen sind ihm zuwider. "Die Umsetzung ist mir wichtiger." Arvato sei schon recht weit, was beispielsweise die Themen Digitalisierung, Infoscore und E-Commerce angeht. "Gleichzeitig die ganze Logistik dahinter zu haben, das ist schon ein gutes Gefühl."
Vor seinem Wechsel zur Bertelsmann-Tochter war Achim Berg an zentraler Position für Microsoft in der Konzernzentrale in Redmond tätig. Davor war er Geschäftsführer von Fujitsu Computer und ab Frühjahr 2000 Vorsitzender der Geschäftsführung der Fujitsu Siemens Computers GmbH. Bis 2007 war Berg dann fünf Jahre lang bei der Deutschen Telekom als Vorstand für Vertrieb und Service der Festnetzsparte T-Com tätig - dann kam der ganz große Karrieresprung zu Microsoft.
Dort war er ein Exot, "als einziger Europäer an zentraler Stelle", erzählt er nicht ohne Stolz. Berg war zuständig für die gesamte "Telco"-Sparte, für alle Telefongeräte ("Phones"), für den Vertrieb des Betriebssystems Windows 8 und für alle Tablets aus dem Hause Microsoft. "Ein unglaubliches Wachstumsgeschäft", versichert Berg.
Daher waren die Amerikaner auch nicht eben begeistert, als er ihnen mitteilte, dass er der Microsoft-Zentrale in Redmond den Rücken kehren und nach Gütersloh wechseln wollte. Deshalb sei es für ihn Ehrensache gewesen, den Vertrag bis zum Ende zu erfüllen. "Das wäre unfair gewesen, wenn ich mich einfach in die Südsee verzogen hätte."
Im Endeffekt sei sein Abschied der "best exit ever", der "beste Abschied aller Zeiten", gewesen. Das habe selbst Microsoft-Chef Steve Ballmer letztlich eingeräumt. Dass er bei den Amerikanern nicht in Unfrieden gehen wollte, hat aber natürlich auch mit seinem neuen Arbeitgeber Arvato zu tun. Microsoft gehört zu den wichtigsten Kunden der Gütersloher.
An Bertelsmann reize ihn die unternehmerische Freiheit, erklärt der 49-Jährige. "Leitplanken links und rechts gibt es natürlich. Aber ansonsten nur die Aufforderung: Geh." Das sei bei Microsoft anders gewesen. Wobei er sich bei Arvato auch in Zukunft nicht als Einzelkämpfer sehe. "Unternehmertum interpretiere ich als Unternehmerteam."
INFORMATION
Arvato AG
- Arvatos Stärke ist die Logistik. Das Unternehmen ist zuständig für die Auslieferung von Microsofts Betriebssystem Windows 8. Wer sein Handy reparieren lässt, braucht dafür Arvato.
- Auch CDs und DVDs produziert und verteilt Arvato.
- Das Unternehmen steckt hinter dem "Miles & More"- Programm der Lufthansa und hinter der Deutschland-Card.
- Arvato betreibt Call-Center und verdient viel Geld mit der für Finanzleistungen zuständige Sparte Infoscore.
- Von der einstigen Drucksparte ist Mohn Media bei Arvato geblieben.
- Die Arvato AG hat 2012 4,4 Milliarden Euro Umsatz gemacht und beschäftigt 63.818 Mitarbeiter.