Halle/Düsseldorf. Die Frage "Was war zuerst da: Henne oder Ei?" tritt in den Hintergrund. Stattdessen muss das Landgericht Düsseldorf in Kürze die Frage klären: Welches Ei war zuerst da? Eine Agentur aus Münster, spezialisiert auf Entwicklung von Produkt- und Verpackungsdesign, hat den Süßwarenhersteller Storck verklagt. Dessen Tochterfirma Dickmanns soll ein Patent abgekupfert haben.
Corpus Delicti sind "Dickmanns Dicke Eier" - Schokoküsse in Eiform, präsentiert in einer durchsichtigen Eierwabe. Die hatte Dickmanns 2012 pünktlich zum Ostergeschäft als neues Produkt präsentiert. Die Münsteraner Agentur, die ungenannt bleiben wollte und zu deren Kunden unter anderem Brandt, Aldi und Edeka gehören, gibt an, das Schaumei, die Revolution eines Klassikers, bereits 2008 entwickelt zu haben:
Die spezielle Form eines "Eisegments", die oberen vier Fünftel eines Eis auf einer Waffel, habe man sich als "Geschmacksmuster" für Konditor- und Zuckerwaren schützen lassen. Dieses abgeschnittene Ei sei eine neue, einzigartige Form, eine Produktinnovation.
Verkaufsverbot für Eier gefordert
Die Werbeagentur argumentiert zudem, sie habe auch dem Schokokussproduzenten aus Berlin die Eier angeboten. Dickmanns habe jedoch nicht reagiert. Stattdessen seien 2012 die "dicken Eier" aufgetaucht. Nun verlangt der Kläger, dass Dickmanns keine "dicken Eier" mehr herstellt, Auskunft über bisher verkaufte Eier und den erzielten Gewinn gibt sowie alle noch vorhandenen "dicken Eier" zurückruft und vernichtet. Zudem sei der gesamte Schaden zu ersetzen, der der Agentur entstanden ist. Streitwert im Eierzwist: vorläufig 200.000 Euro.

"Das Düsseldorfer Landgericht muss nun feststellen, ob eine sogenannte Geschmacksmusterverletzung vorliegt", sagte Michael Scholz, Richter und Pressesprecher am Landgericht. Um den Geschmack, wie der Begriff vermuten lässt, geht es jedoch bei der Klage nicht, sondern lediglich um die Form.
"Es muss geklärt werden, ob die Agentur das Design zuerst erdacht hat und Dickmanns mit dem Vertrieb der ,dicken Eier' das Schutzrecht verletzt hat", so Scholz. Auch müsse geklärt werden, ob das Patent richtig eingetragen und zulässig sei.
Storck weist Vorwürfe zurück
Schaumküsse, auch Schokoküsse genannt, sind an sich keine neue Erfindung. Sie entstanden im 19. Jahrhundert in Konditoreien in Frankreich, hergestellt aus einer baiserartigen Masse und einem Schokoladenguss. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es sie auch in deutschen Konditoreien. Seit 100 Jahren bieten die Hersteller die Süßigkeit in den unterschiedlichsten Formen und Farben an. Dickmanns produziert sie seit 1985.
Storck wollte sich in seiner Zentrale in Berlin zu der Klage nicht äußern: "Zu laufenden Verfahren nehmen wir grundsätzlich keine Stellung", hieß es aus der Konzernzentrale. Laut einem Bericht der Rheinischen Post bestreitet der Schaumkusshersteller jedoch nachdrücklich, die Idee kopiert zu haben. Eine Gegenklage wurde bereits erhoben - Streitwert 300.000 Euro. Das Gericht wird am 14. Mai darüber verhandeln.
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Smartphone und Pudding
Streit um Patente gibt es immer häufiger. Früher ging es um asiatische Kopien deutscher Autos. Danach um Nachahmer der Samt-Marmelade aus dem Hause Schwartau.Seit Jahren bereits tobt der Patentstreit zwischen den Smartphone-Herstellern Samsung und Apple, die sich gegenseitig vorwerfen, Erfindungen und Design abgekupfert zu haben.
Viel Interesse löste auch der Streit zwischen Dr. Oetker und Aldi Süd aus. Oetker warf dem Discounter vor, seinen Flecken-Pudding "Paula" nachgeahmt und als "Flecki" ins eigene Regal gestellt zu haben. Oetker zog gleich mehrfach bis vors Landgericht, zog aber jedes Mal den Kürzeren, weil die Richter argumentierten, dass "Paula" so viel besser gemacht sei als "Flecki", dass der Vorwurf der unerlaubten Kopie nicht verfange. (sch)