Bielefeld. Es zischt, schäumt, und mit einem Knall löst sich nicht selten der Korken aus so mancher Sektflasche. Doch nicht nur Genießer erfreuen sich an Sekt und Schampus, auch der Finanzminister lässt die Korken knallen. Denn die prickelnden Getränke spülen jährlich eine halbe Million Euro in die Staatskasse – der Schaumweinsteuer sei Dank.
Familienbetrieb
- Seit 60 Jahren besteht das Geschäft "Wein Anton" in Bielefeld.
- An der Uni Bielefeld studierte Klaus Anton Volkswirtschaft, bevor er 1985 den Betrieb übernahm.
- Aus Frankreich, Italien, Spanien und von deutschen Winzern bezieht Anton seine Weinauswahl.
Zwischen Rot - und Weißwein, spanischem Cava, französischem Crémant und deutschem Winzersekt fühlt sich Klaus Anton, Inhaber des ältesten Bielefelder Weingeschäfts, dem "Wein Anton", zu Hause. Mit Leidenschaft wählt Anton mit Ehefrau Sabine im europäischen Ausland die verschiedenen Weine aus – mit Argusaugen hat er dabei die steuerlichen Abgaben im Blick.
So alt wie unnötig ist die Schaumweinsteuer in den Augen des Fachmannes, der sich nicht nur bei Weinen, sondern auch in der Historie der ungeliebten Steuer gut auskennt. 1902 sei die Schaumweinsteuer von Kaiser Wilhelm II zur Finanzierung seiner Kriegsflotte eingeführt worden, weiß Anton.
Steuer unterstützt U-Boot-Flotte
Zur Überwindung der Wirtschaftskrise sei die Steuer abgeschafft und erst 1939 in Form eines Kriegszuschlags wieder eingeführt worden. "Mit der Schaumweinsteuer wurde ab dem Jahr 39 die deutsche U-Boot-Flotte unterstützt. Seitdem besteht die Steuer. Im Prinzip zahlen wir also heute immer noch für U-Boote", sagt Anton und kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Seit Jahrzehnten schon hält sich die Geschichte, die Schaumweinsteuer sei zur Entwicklung der U-Boote eingeführt und bis heute sei der steuerliche Zweck nicht geändert worden. Die Frage, ob es sich bei der Überlieferung um einen Tatsachenbericht oder eine Räubergeschichte handelt, konnte selbst das Bundesfinanzministerium auf Anfrage der Neuen Westfälischen nicht beantworten.
Zweckgebunden sei die Steuer jedoch keineswegs, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums. "Die Schaumweinsteuer dient, wie sämtliche Verbrauchssteuern, der Finanzierung der Ausgaben des Bundeshaushalts."
Überdruck von mindestens drei Bar
Seit Jahrzehnten unverändert sind jedoch die Kriterien, nach denen Schaumweine versteuert werden müssen. "Getränke, die bei 20 Grad plus einen Überdruck von mindestens drei Bar aufweisen und über 6 Prozent Alkoholgehalt haben, fallen unter die Schaumweinsteuer", erklärt Anton. Pro Liter fallen 1,36 Euro Steuern an. "In der Regel handelt es sich bei einer Flasche Sekt oder Champagner um 0,75 Liter. 1,02 Euro pro Flasche sind da fällig", weiß der Fachmann. Ein steuerliches Schlupfloch sei dagegen der Prosecco. "Der Druck ist hinter diesen Deckeln zu gering", weiß Anton.Als Bagatell- und Luxussteuer auf die gut verzichtet werden könne, bezeichnet Thomas Keitel, Hauptgeschäftsführer der Hotel - und Gaststättenverbandes DEHOGA Ostwestfalen, die Schaumweinsteuer. Zudem lange der Staat auch bei der Mehrwertsteuer, die zusätzlich zu leisten sei, kräftig zu. Eine Änderung dieser Steuerpflicht sei jedoch nicht in Sicht. Und so sitzt bei jeder illustren Runde, die sich ein Gläschen Sekt schmecken lässt, auch der Fiskus genüsslich mit am Tisch.