Ex-Möbelkönig Demuth will vorzeitig aus der Haft

Prozess gegen Griem im Dezember

30.11.2012 | 01.12.2012, 10:41
Ex-Möbelkönig Demuth

will vorzeitig aus der Haft - © Bielefeld
Ex-Möbelkönig Demuth
will vorzeitig aus der Haft | © Bielefeld

Bielefeld. Seit Ende September 2011 sitzt der ehemalige Möbelkönig Rolf Demuth (72) wegen Kreditbetruges in dreistelliger Millionenhöhe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bielefeld-Senne. Unter Einbeziehung seiner fast sechsmonatigen Untersuchungshaft hat der Unternehmer damit die Hälfte seiner Gefängnisstrafe verbüßt. Seine Verteidiger setzen sich nun für seine vorzeitige Entlassung ein, sie haben die sogenannte Halbstrafenaussetzung beantragt.

Demuth würde am liebsten noch vor Weihnachten das Gefängnis für immer verlassen. Ob er dies "verdient" hat, darüber scheiden sich allerdings die Geister. Der Bielefelder Oberstaatsanwalt Ralf Günther, der im Prozess um die Millionenpleite des lippischen Schieder-Konzerns vor dem Landgericht Detmold ein höheres Strafmaß für den Gründer des einstigen Möbelimperiums Schieder gefordert hatte, ärgert sich offenbar noch immer über das seiner Ansicht nach zu milde Urteil des Vorsitzenden Richters Michael Reineke. Bereits im Februar leitete Günther gegen den 72-Jährigen Häftling ein neues Ermittlungsverfahren wegen versuchter Strafvereitelung ein, weil der sich auf Anraten seiner Verteidiger weigerte, als Zeuge gegen den angeklagten Ex-Schieder-Finanzchef Heinrich Griem (75) auszusagen. Der Oberstaatsanwalt suche nur nach einem Vorwand, Demuth das Leben im offenen Vollzug schwerer zu machen, sagen Beobachter.

Rolf Demuth
Rolf Demuth

Demuth genießt in der JVA bereits manche Hafterleichterung. So hat er das Privileg, seinen Volkswagen auf dem Parkplatz direkt vor der JVA abstellen zu dürfen. Dies dürfen im offenen Vollzug sonst nur Gefangene, die morgens früh die JVA verlassen und zur Arbeit fahren müssen. Demuth habe die Erlaubnis, weil er Materialien, etwa eine Zeitung für seinen Englisch- und Italienischunterricht, den er Mitgefangenen gibt, am Bahnhof besorgen müsse, sagt Friedhelm Sanker, stellvertretender JVA-Leiter, als Begründung.
Kritiker bezweifeln allerdings, ob die Materialien so gewichtig sind.

Auch durfte Demuth über ein Wochenende die Haftanstalt verlassen. Er nutzte die Freiheit zum Besuch einer Möbelmesse. Als Häftling stehen ihm laut Sanker 20 Stunden Ausgang pro Woche und 21 Urlaubstage im Jahr zu. Der Senior arbeite als Bücherwart täglich in der JVA-Bibliothek für 11 Euro am Tag. An seinem Schreibtisch mit Computer mache der einstige Firmenpatriarch richtig was her. "In seinem Alter müsste er nicht arbeiten. Herr Demuth ist ein Rentner", betont Sanker, der als Abteilungsleiter bereits eine positive Stellungnahme zur vorzeitigen Haftentlassung abgab. Demuths Englischunterricht beeindruckt den Abteilungschef. "Er ist sehr engagiert."

Zudem stehe im Urteil des Landgerichts Detmold, dass eine Halbstrafe erwägenswert sei. "Herr Demuth hat viel viel privates Vermögen verloren", gibt Sanker zu bedenken. Sanker (63), der zuvor fast vier Jahrzehnte in der Position eines Oberregierungsrates in der JVA Herford gearbeitet hatte, war der Name Demuth nicht unbekannt. Der Unternehmer ist in Herford bekannt wie ein bunter Hund.

Andere sehen Demuth nicht nur positiv: "Anfangs hat er nur wenig Rücksicht auf seine Mitmenschen genommen. Gegenüber den Bediensteten verhielt er sich höflich, solange keine Anträge abgelehnt wurden", heißt es in einem dieser Zeitung vorliegenden Dokument. Nach Informationen dieser Zeitung sieht Günther nicht die Garantie, dass Demuth nicht "in frühere Verhaltensmuster" zurückfallen könnte. Die Vorverurteilung (Demuth war 1996 wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt worden) sei bei seinen neuen Straftaten noch nicht beim Zentralregister getilgt gewesen. "Gelöscht ist gelöscht", sagen dagegen Rechtsexperten.

Für Richter Reineke zählt als Grund für eine mögliche vorzeitige Entlassung, über die das Landgericht Bielefeld entscheidet, ein ganz anderer Aspekt: Demuth habe ohne die Bescheidung von Beweisanträgen die Verantwortung übernommen und die Gefängnisstrafe akzeptiert. "Das ist bundesweit fast einzigartig, wie das in diesem Verfahren gelaufen ist." Für Griem werde
nach seiner Operation am 15. Dezember entschieden, wann das Hauptverfahren eröffnet wird.