Salzkotten. Einzelhandel ist für Ferdinand Klingenthal mehr als Kaufen und Verkaufen, mehr als nur die Versorgung der Bevölkerung. "Stellen Sie sich unsere Städte ohne gut funktionierenden Handel vor", sagt er. "Einzelhandel hat auch etwas mit Lebensqualität zu tun." Als geschäftsführender Gesellschafter der Klingenthal GmbH ist er einer der profiliertesten Modehändler der Region. Am heutigen Samstag feiert er seinen 60. Geburtstag.
Wenn er zuhört, huscht ihm schon mal ein spöttisches Lächeln über das Gesicht. Tatsächlich lässt Ferdinand Klingenthal eine Vorliebe für feine Ironie durchblicken. Vor Publikum allerdings bleibt er stets sachlich. "Vornehm zurückhaltend", wie Wegbegleiter sagen. "Er spielt sich nicht in den Vordergrund – doch wenn es drauf ankommt, kann er auch Klartext reden."
Klingenthal muss seine Meinung oft sagen, nicht nur im eigenen Unternehmen. Seit 2005 ist er Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes OWL, seit 1982 gehört er zur Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen. Der gebürtige Paderborner engagiert sich im Bund Katholischer Unternehmer, in der CDU und bei OWL Marketing. "Wir könnten uns keinen besseren Vorsitzenden vorstellen", heißt es beim Einzelhandelsverband. Dank fundierten Wissens und akribischer Vorbereitung blicke Klingenthal weit über den normalen Horizont hinaus. "Es macht Spaß, mitzugestalten", sagt Klingenthal unumwunden.
Zu den Überzeugungen, für die er eintritt, gehört die Bedeutung des Handels für die Innenstädte – als Publikumsmagnet, Standortfaktor und Teil der Wirtschaftskraft. Nachdem Klingenthal 2010 vier Millionen Euro in die Erweiterung des Modehauses in Herford investiert hatte, ermahnte er die Stadtväter zum Beispiel, bei der Ansiedlung von Einzelhandel in der Peripherie sei ihnen wohl "das rechte Maß verloren gegangen".
Seine Branche sieht er in einer Phase heftiger Umwälzungen, verstärkt durch jahrelange Umsatz-Stagnation: "Da muss man sich die Marktanteile hart erarbeiten, das Mitschwimmen im Trend reicht nicht aus", weiß Klingenthal. Stationäre Händler sollten sich nicht vor dem Onlinehandel fürchten, sagte er beim jüngsten Handelsforum in Bielefeld. Denn während die Bestellungen am Computer zunähmen, schrumpfe der klassische Versandhandel mit Bestellungen per Post oder Telefon. Eine Herausforderung sieht er aber doch, auch für die Mitarbeiter: "Wir benötigen gute Personalentwicklung, und die müssen wir selbst in die Hand nehmen", diagnostiziert Klingenthal. Denn in Zeiten des Fachkräftemangels "bekommen wir am Markt nicht die Leute, die wir brauchen."
Welche Voraussetzungen müssen gute Mitarbeiter mitbringen? "Wichtig sind gesunder Menschenverstand und der Wille zur Leistung." Wenn das gegeben sei, bekomme man alles andere hin. Weitgehend zumindest – denn für den Erfolg müsse man auch Talente haben, die man nicht erlernen kann.
Mit seiner Ehefrau Angelika hat er vier erwachsene Kinder. Ob eines einst in seine Fußstapfen tritt, scheint noch nicht ganz entschieden. Die älteste Tochter ist Apothekerin in Süddeutschland, die zweite wird ebenfalls Pharmazeutin, die dritte absolviert ein Trainee-Programm. Der Sohn ist selbstständiger Gastronom in Paderborn.
An Ruhestand denkt Klingenthal ohnehin noch nicht. Er hätte Lust, auch mit 70 noch zu arbeiten, "das heißt aber nicht 50 Stunden in der Woche". Entscheidend seien die Inhalte der Arbeit. Manches sei lästig oder belastend. Unternehmerische Tätigkeit sei jedoch meistens gestaltend – und damit angenehm.