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ZDF-Magazin erhebt Vorwürfe gegen Bertelsmann

Zwielichtige Lottogeschäfte

28.04.2011 | 28.04.2011, 14:56
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Zwielichtige Lottogeschäfte - © WIRTSCHAFT
Zwielichtige Lottogeschäfte | © WIRTSCHAFT

Gütersloh. Ärger für Bertelsmann: Laut einem Bericht des ZDF-Politmagazins Frontal21 soll der konzerneigene Buchclub 40.000 Kunden um Gewinne geprellt haben. Bertelsmann weist den Vorwurf zurück. Betroffen sei nur eine Charge eines Dienstleisters gewesen. "Das Callcenter haben wir verklagt", so Matthias Wulff, Sprecher der Konzerntochter DirectGroup. Zudem sei das Geschäftsmodell längst eingestellt worden. "Damals haben wir alle Kunden entschädigt, von denen wir wussten, dass etwas nicht korrekt gelaufen war", sagt Wulff.

Der Fall: Ursula Beitlich war jahrzehntelang Mitglied im Buchclub Bertelsmann. Vor zwei Jahren erhielt sie einen Anruf von einer Dame des Buchclubs, die ihr empfohlen habe, doch in einer Lotto-Tippgemeinschaft mitzumachen. "Das Angebot habe ich gerne angehnommen, nachdem der Buchclub mir persönlich ja als sehr seriös vorkam", schildert sie den Fernsehreportern. Wohl 40.000 Buchclub-Kunden vertrauten laut Frontal21 den Angaben des Weltkonzerns, zahlten monatlich 49,90 Euro für die Mitgliedschaft in der Tippgemeinschaft.

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Bertelsmann-Zitate

Bertelsmann antwortete auf Vorwürfe von Frontal21: "Ihre Frage zielt offenbar darauf ab, ob wir mit diesem Produkt einen Gewinn erwirtschaften wollten. Darauf ist die klare Antwort: Ja, denn wir sind ein Wirtschaftsunternehmen."

Kunden seien darüber aufgeklärt worden, dass "nur ein bestimmter Anteil für den Erwerb der Spielscheine verwendet wird".

"Es ist doch erstaunlich, dass die Kundin sich nach 30 Jahren Mitgliedschaft nun erst vor gut zwei Wochen und ohne Angabe von Gründen zu einer Kündigung entschlossen hat, obwohl der Vorfall schon mehr als zwei Jahre zurückliegt", so DirectGroup-Sprecher Matthias Wulff zu dieser Zeitung über Frau Beitlich.

Doch laut Frontal21 sollen von den monatlich 49,90 Euro nur 18 Prozent für den Spieleinsatz verwendet worden sein. Der bayerische Landtagsabgeordnete Martin Runge (Grünen) sieht darin einen Gesetzesverstoß: "Es müssen mindestens zwei Drittel der eingesetzten Gelder in Lottoscheine fließen", sagt er dem Politmagazin. Bertelsmann kontert auf die Anfrage von Frontal21: Man habe die Kunden darüber aufgeklärt, dass "nur ein bestimmter Anteil für den Erwerb der Spielscheine verwendet wird".

Experte sieht klaren Fall von "Betrug"

Wulff betont zudem gegenüber dieser Zeitung: "Diverse Punkte in dem Beitrag werden ungenau dargestellt, so handelte es sich zum Beispiel damals nicht um eine Tippgemeinschaft, sondern um eine Anteilsgemeinschaft, die Anteile einer Tippgemeinschaft gekauft hat. Dafür gilt die in der Sendung genannte Zweit-Drittel-Regelung nicht." Doch für den Heidelberger Anwalt Hans Witt, renommierter Experte für Kapitalmarktrecht, spielt dies keine Rolle. Er sieht in einem solchen Geschäft, "das offensichtlich auf die massive Benachteiligung des Kunden angelegt ist" einen klaren Fall von "Betrug". Entscheidend sei doch, was der Kunde denke, wenn er das Angebot erhalte. "Wenn sich dort jemand meldet mit dem Namen Bertelsmann, habe ich zunächst mal ein gewisses Grundvertrauen. Ich weiß, es nicht ein möglicher Betrüger, sondern ich gehe erst mal davon aus, dass ich vernünftig beraten werde."

Laut Frontal21 soll zudem der Lottogewinn nicht in voller Höhe ausbezahlt worden sein. Unter Verweis auf eine interne Mail, die auch Witt vorliegt, gewann eine Tippgemeinschaft zwar 218.424 Euro, bekam aber am Ende nur 127.328 Euro ausbezahlt. Witt ist über solche Geschäftspraktiken empört. Auch das Bertelsmann-Argument, dass das Geschäftsmodell längst eingestellt worden sei, lässt er nicht gelten. Witt betont: "Der Betrug ist nicht verjährt."

Ursula Beitlich fühlt sich "ein bisschen veräppelt". Sie erfuhr "jetzt im Nachhinein, dass ein Großteil dieses Geldes, ja ich sag einmal, ganz einfach in andere Kanäle geflossen ist". Ihre Mitgliedschaft hat sie jetzt zur Jahresmitte gekündigt .