Chinesischer Blick auf Ostwestfalen

INTERVIEW: Xingwen Liu, Assistant Managing Director bei Dürkopp Adler und ShangGong in Bielefeld

Xingwen Liu arbeitet für Dürkopp-Adler in Bielefeld. |

16.12.2010 | 16.12.2010, 11:13

Bielefeld. Wir brauchen mehr Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte - diese Ansicht wird in Wirtschaft und Politik immer häufiger vertreten. Diese Offenheit trifft im Ausland aber nur auf begrenztes Interesse bei Gutausgebildeten. Die bei Dürkopp-Adler in Bielefeld arbeitende chinesische Dolmetscherin und Betriebswirtin Xingwen Liu verrät im Gespräch mit Martin Krause, wie sie Deutschland findet.

Frau Liu, stört Sie der frühe Frost in Ostwestfalen?
XINGWEN LIU: Ich komme aus Tianjin, 120 Kilometer südöstlich von Peking. Da wird es auch kalt, 15 Grad unter null können es leicht werden.

Was hat Sie zu Dürkopp-Adler in Bielefeld verschlagen?
LIU: Das Schicksal. Ich habe Deutsch studiert, eine Dolmetscherausbildung gemacht und schon vor Jahren in Peking für eine ostwestfälische Firma gearbeitet. 2002 kam ich nach Bielefeld, um an der Fachhochschule Betriebswirtschaft zu studieren. In der Zeit habe ich meinen deutschen Mann kennengelernt. Heute wohnen wir in Gütersloh.

War es Liebe auf den ersten Blick - Ihr Verhältnis zu Ostwestfalen?
LIU: Bei meinem ersten Besuch hier, im November 2000, war es gar nicht so schön - das Wetter war trüb und regnerisch, und es war ein bisschen deprimierend.

Tianjin ist eine Stadt mit 10 Millionen Einwohnern. Wie empfindet man Deutschland, wenn man aus solch einer Stadt kommt?
LIU: Alles ist sehr klein hier, ein bisschen wie auf dem Dorf. Die Städte, selbst die größeren wie Hamburg oder München, haben alle die gleiche Struktur. Es gibt einen Hauptbahnhof und in der Nähe das Stadtzentrum. In China sind die Städte viel komplexer, haben mehrere Zentren. Wenn man neu hierhin kommt, ist man erst mal überrascht von dieser Stille hier, besonders am Wochenende. Auf den Straßen hört man dann nichts. In China sind die Läden an sieben Tagen in der Woche geöffnet. Da gibt es immer Leben. Vor 20 Jahren sind alle noch mit dem Fahrrad gefahren, aber heute herrscht ein enormer Autoverkehr. In China ist es aufregend, hier in Deutschland läuft das Leben wie ein ruhiges kleines Flüsschen.