Bielefeld. Richard Oetker, der seit rund 100 Tagen an der Spitze des Oetker-Konzern steht, will die von seinem Bruder August Oetker begonnene Expansion im Ausland fortsetzen. "Wir tun dies auf unsere typisch ostwestfälische Art, sehr ruhig, sehr besonnen, nie spektakulär, aber sehr zielstrebig", sagte der 59-jährige Konzernchef bei seiner ersten Bilanzvorlage in Bielefeld. Und dabei wirkte der Familienunternehmer selbst wie ein bodenständiger Westfale. Und dies mit Sinn für trockenen Humor.
Pizza bleibt die treibende Kraft der Dr.Oetker GmbH. Der Lebensmittelhersteller ist nach dem Markteintritt in Australien auf dem Sprung nach Südafrika und bald auf allen Kontinenten aktiv. Dr. Oetker stehe dort unmittelbar vor dem Markteintritt für Tiefkühlprodukte. "Wenn alles gut läuft, werden wir den deutschen Schlachtenbummlern vielleicht zur Weltmeisterschaft in Südafrika die ersten Ristorante-Pizzen aus unserem Haus anbieten können", kündigte Oetker an. Die Übernahme des Tiefkühlpizza-Marktführers in Südafrika (rund 8 Millionen Euro Umsatz) dementierte er nicht. Schon jetzt hat Dr. Oetker seine neue Pizza mit der südafrikanischen Gewürzmischung Chakalaku auf den deutschen Markt gebracht.
Nur dank des Auslandsgeschäftes konnte der Lebensmittelhersteller (zum Sortiment gehören weitere Produkte wie Pudding, Joghurt, Müsli, Backmittel) 2009 seinen Umsatz um 5,5 Prozent auf 1,787 Milliarden Euro steigern – nach 1,693 Milliarden Euro im Vorjahr. Ohne die Zukäufe im Ausland (Schwan Food mit 363 Mitarbeitern in Großbritannien, Fun Foods mit 488 Beschäftigten in Indien, Buenos Aires Foods mit 107 Mitarbeitern in Argentinien und die Orkla-Marke Guseppe) wuchs der Gesamtumsatz um 2 Prozent. Das Ergebnis sei zufriedenstellend. Für das laufende Geschäftsjahr wagte Oetker, der weitere Übernahmen nicht ausschließt, keine Prognose. Der Januar habe die Erwartungen nicht erfüllt. Seit März enwtickelten sich die Geschäfte aber etwas besser.
Qualität statt Preisdumping
Im Ausland kletterten die Erlöse 2009 um 11,9 Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Im Inland schrumpften sie dagegen um 4,7 Prozent auf 620 Millionen Euro. Erwartet war hierzulande ein Plus von 1 bis 2 Prozent. "Erstmals seit zehn Jahren war der deutsche Gesamtmarkt für frische Fertigdessertprodukte rückläufig." Ursache für den Rückgang sei der Preisverfall bei Frischeprodukten und der Preiskampf der Discounter.
So habe der Konzern, der weltweit 550 Millionen Pizzen verkaufte (davon 400 Millionen im Inland), Forderungen von Lidl nicht nachgegeben. "Für sowas wird man gelegentlich bestraft." Der Discounter Lidl habe danach einige Dr. Oetker-Produkte "ausgelistet". Die Konkurrenz des Lebensmittelriesen Nestlé im Tiefkühlpizza-Geschäft – mit Wagner-Pizza hat er in Deutschland einen Marktanteil von 30 Prozent, liegt hier mit Oetker gleichauf – fürchtet Oetker nicht. Nestlé achte auf Qualität statt auf Preisdumping. "Das freut uns."
Nach dem Erfolg in Kanada (plus 33 Prozent) strebt Oetker im US-Testmarkt Nord/Ost, der mit rund 3 Milliarden Euro etwas größer als der europäische ist, die Marktführerschaft für dünne, krustige Pizzen an. "10 Prozent wären schon ganz viel Umsatz", sagte Volkmar Preuß, Geschäftsführer für den Verkauf der Tiefkühlkost. Ob das von den Schwartauer-Werken erworbene deutsche Backdekor-Geschäft nach Polen (Plock) verlagert wird, blieb offen. Insgesamt stieg die Mitarbeiterzahl im Konzern um 1.019 auf 9.259. Im Inland arbeiten 3.983 (plus 117). In Krisenzeiten gebe das Familienunternehmen ein positives Beispiel für eine langfristige Personalpolitik, freute sich Oetker.
Investitionen in Millionenhöhe
In Indien "können wir mehr verkaufen als produzieren", sagte Richard Oetker. Daher ist geplant, drei Werke nahe Delhi künftig in einem zusammenzufassen. Im laufenden Jahr soll weltweit ein Betrag in ähnlicher Höhe investiert werden. Auch in China versucht Oetker mit einer kleinen Gesellschaft für Pizzen Fuß zu fassen. Das Nährmittel-Geschäft war 2009 leicht rückläufig.