SCHIEDER-SCHWALENBERG

Anklage im Betrugsskandal bei Schieder-Möbel

Gesamtschaden von mindestens 234 Millionen Euro

13.04.2010 | 13.04.2010, 17:19
Schieder-Möbel: Demuth angeklagt - © OWL
Schieder-Möbel: Demuth angeklagt | © OWL

Bielefeld (dpa). Knapp drei Jahre nach der Millionenpleite des einst größten europäischen Möbelherstellers Schieder in Ostwestfalen hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld Anklage erhoben. Dem 71-jährigen Firmengründer Rolf Demuth und drei Managern wird besonders schwerer Betrug und Kreditbetrug vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen in Bielefeld am Dienstag mit.

Der Gesamtschaden soll mindestens 234 Millionen Euro betragen. Die Beschuldigten sollen Bilanzen gefälscht und so von Banken und Investoren rund 346 Millionen Euro erschlichen haben. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Die Anklage wurde beim Landgericht Detmold eingereicht. Ihr zufolge wurden mindestens ab dem Geschäftsjahr 2003/2004, wahrscheinlich aber auch schon früher, Konzernabschlüsse in der Schieder-Gruppe manipuliert. Lagerbestände sollen überbewertet oder erfasst worden sein, obwohl sie gar nicht vorhanden waren. Dadurch sollte die seit Jahren andauernde wirtschaftliche Verschlechterung der Schieder-Gruppe vor allem vor Kredit- und Kapitalgebern verheimlicht werden.

Zahlen geschönt, um Kredite zu bekommen

Die Konzernjahresabschlüsse der Schieder Möbel Holding GmbH für die Geschäftsjahre 2004/2005 und 2005/2006 sollen hinsichtlich der Bilanzsumme um mindestens 15,1 und 26,7 Millionen Euro überhöht sein, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Klaus Pollmann.

Rolf Demuth, Firmengründer des Möbelherstellers Schieder. - © ARCHIVFOTO: Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Rolf Demuth, Firmengründer des Möbelherstellers Schieder. | © ARCHIVFOTO: Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Außerdem soll in der Gewinn- und Verlustrechnung das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit um mindestens 19,9 und 30,2 Millionen Euro zu hoch ausgewiesen worden sein. Die geschönten Zahlen seien dazu eingesetzt worden, dem angeschlagenen Unternehmen dringend benötigtes Kapital zu verschaffen.

So verkaufte die GmbH im März und Dezember 2005 in einer Größenordnung von 30 und 20 Millionen Euro Genussscheine an eine Bank und einen Investor. Das dafür eingeholte Rating hatte der Schieder- Gruppe bescheinigt, "gesamtwirtschaftlich als leicht überdurchschnittlich und branchenbezogen in einem wettbewerbsintensiven Markt als überdurchschnittlich gut positioniert" zu sein.

Demuth wird besonders schwerer Betrug vorgeworfen

Zudem wurden der Schieder Holding GmbH und einigen Tochtergesellschaften im Juli und Dezember 2005 Kredite über 150 sowie 128,5 Millionen Euro eingeräumt. Davon wurden bis Ende Dezember 2005 rund 188 Millionen Euro und bis Juni 2006 weitere 45 Millionen Euro in Anspruch genommen. Schließlich erhielt das Unternehmen zur Abwendung der drohenden Insolvenz noch im April 2007 einen Kredit in Höhe von 64,65 Millionen Euro.

Dem Firmengründer Demuth werden besonders schwerer Betrug in vier Fällen mit einem Gesamtschaden von 234 Millionen Euro, Beihilfe zur Bilanzfälschung in zwei Fällen und Kreditbetrug vorgeworfen. Angeklagt sind zudem zwei 45 und 49 Jahre alte ehemalige Geschäftsführer und ein 49 Jahre alter früherer Leiter der Finanzabteilung. Ein Verfahren gegen den 72-jährigen früheren Finanzchef von Schieder, Heinrich Griem, wegen des Verdachts der Bilanzmanipulation ist aufgrund seines Gesundheitszustandes abgetrennt worden.