Aufschwung erneut vertagt: Nach Nullwachstum im Sommer hofft die deutsche Wirtschaft auf die nächsten Monate. Bereits im Schlussquartal könnte die Wirtschaftsleistung wieder etwas zulegen, 2026 sollten dann staatliche Milliardeninvestitionen für ein Ende der Dauerflaute sorgen - so zumindest die Erwartung vieler Volkswirte.
Im dritten Quartal 2025 trat Europas größte Volkswirtschaft auf der Stelle. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) blieb zum Vorquartal unverändert, wie das Statistische Bundesamt bestätigte.
Zum Jahresauftakt hatte es noch ein Mini-Wachstum gegeben - allerdings vor allem deswegen, weil Firmen aus Sorge vor der sich abzeichnenden aggressiven Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump Geschäfte vorzogen. Im zweiten Vierteljahr war das Bruttoinlandsprodukt dann um 0,2 Prozent geschrumpft.
Zölle setzen Exportwirtschaft unter Druck
Im Zeitraum Juli bis September investierten Unternehmen zwar mehr in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge, wie aus den jüngsten Daten des Wiesbadener Bundesamtes hervorgeht: Die Investitionen in Ausrüstungen nahmen zum Vorquartal um 1,1 Prozent zu.
Doch die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen «Made in Germany» gingen um 0,7 Prozent zurück. Höhere US-Zölle belasten die Exportnation Deutschland. Auch das Geschäft auf dem chinesischen Markt läuft nicht mehr so gut, wie etwa die Maschinen- und Anlagenbauer berichten.
«Die Konjunktur wurde im dritten Quartal von schwachen Exporten gebremst, während die Investitionen leicht zulegten», sagte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand.
Verbraucher halten ihr Geld zusammen
Gestiegene Preise für Lebensmittel und Dienstleistungen bremsen zudem den privaten Konsum. Erstmals seit dem Schlussquartal 2023 ging der private Konsum zum Vorquartal zurück (minus 0,3 Prozent), weil Haushalte weniger Geld in Hotels und Gastronomie ausgaben. Umfragen zufolge wollen viele Verbraucher sogar im sonst umsatzstarken Weihnachtsgeschäft kürzertreten.
Das könnte auch Arbeitsplätze kosten: Vor allem im Einzelhandel stieg zuletzt der Anteil der Unternehmen, die ihre wirtschaftliche Existenz akut bedroht sehen, wie eine Umfrage des Ifo-Instituts ergab.
Der Arbeitsmarkt ist ohnehin unter Druck. In wichtigen Branchen wie der Automobilindustrie wurden binnen eines Jahres fast 50.000 Jobs gestrichen. Zudem fiel die Herbstbelebung auf dem deutschen Arbeitsmarkt schwach aus. Saisonal bedingt dürfte in den Wintermonaten Januar und Februar die Zahl der Arbeitslosen hierzulande wieder auf mehr als drei Millionen steigen.
Drittes Rezessionsjahr wird wohl knapp vermieden
Trotz allem könnte die deutsche Wirtschaft 2025 knapp am dritten Jahr ohne Wachstum vorbeischrammen. Wirtschaftsinstitute, die Bundesregierung und auch die EU-Kommission rechnen mit einem Mini-Plus von etwa 0,2 Prozent. Allerdings würde Europas größte Volkswirtschaft damit im EU-Keller landen: In ihrer Herbstprognose sagt die EU-Kommission nur für Finnland mit 0,1 Prozent ein noch geringeres Wirtschaftswachstum voraus.
Im nächsten Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung von Ökonomen kräftiger zulegen - nicht zuletzt wegen staatlicher Milliarden für Infrastruktur wie Straßen und Schienen sowie für Verteidigung.
Rückenwind durch staatliche Milliarden schwächer als erwartet
Dabei kommt es jedoch auch darauf an, wie zielgerichtet das Geld eingesetzt wird. «Zwar sollten die beschlossenen Investitionsoffensiven helfen, Deutschland im Jahr 2026 zumindest wieder näher an den Wachstumsdurchschnitt der Eurozone heranzuführen und die rote Laterne abzulegen», ordnet Robert Greil, Chefstratege bei der Privatbank Merck Finck, ein. «Doch der Rückenwind fällt deutlich schwächer aus, als viele erwarten.»
Einschätzungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge fließen von den bis 2029 vorgesehenen 271 Milliarden Euro im Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität rund 133 Milliarden in bereits geplante Maßnahmen. Greils Fazit: «Fast die Hälfte der Mittel erzeugt also keinen zusätzlichen Impuls.»