Tag nachhaltiger Unternehmen

Trump als Chance? Mit dieser These kommt ein Energiewende-Experte nach Bielefeld

Die neue US-Politik ist für Europa ein Schock. Doch die Fehler der Amerikaner bieten auch Potenzial, glaubt Volker Quaschning. Der Berliner Forscher tritt jetzt in Bielefeld auf.

Die Zollpolitik der USA bereitet auch den heimischen Gütersloher Maklern Sorgen. | © J. Scott Applewhite/AP/dpa

Martin Krause
14.03.2025 | 14.03.2025, 14:41

Bielefeld. Volker Quaschning will Mut für die Energiewende machen, den Bedenkenträgern den Wind aus den Segeln nehmen. Ja, so sagt der Berliner Forscher, wenn es darum gehe, Wohnhäuser zum Beispiel in der Bielefelder Innenstadt mit Wärmepumpen zu beheizen, dann könne das im Einzelfall ein Problem sein. Für die meisten Fälle gebe es jedoch technische Lösungen, Wärmepumpen könnten etwa auch auf Dächer montiert werden. „In der Forschung zur Nutzung erneuerbarer Energien sind wir in Deutschland gut aufgestellt, wir müssen das jetzt nur noch auf die Straße bringen“, drängt er.

Den reaktionären Rollback der neuen US-Regierung unter Präsident Donald Trump, die amerikanische Rückbesinnung auf die Nutzung fossiler Energien und die verstärkte Förderung von Erdgas und Öl, bedauert der Professor der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) im Hinblick auf den Klimawandel, für die deutsche Energiewirtschaft aber sei der Rückfall eher positiv: „In diese Lücke müssen wir jetzt reinstoßen, das ist eine Riesenchance“, glaubt er. Wenn die Bemühungen um eine Energiewende in Amerika ausgebremst würden, könnten Deutschland und Europa ihre Marktpositionen in der Zukunftsbranche verbessern. Das gelte ähnlich auch für China: „Dort knallen schon die Sektkorken“, sagt Quaschning.

Einer der Vordenker der deutschen Energiewende: Der Berliner Forscher Volker Quaschning kommt auf Einladung des Vereins "Klimawoche" nach Bielefeld. - © picture alliance / Eibner-Pressefoto
Einer der Vordenker der deutschen Energiewende: Der Berliner Forscher Volker Quaschning kommt auf Einladung des Vereins "Klimawoche" nach Bielefeld. | © picture alliance / Eibner-Pressefoto

Ohnehin seien die Chinesen auf einem guten Weg, in den wichtigsten Zukunftstechnologien führend zu werden. Die deutsche Automobilbranche leide unter anderem deswegen so stark, weil die deutschen Hersteller nicht in der Lage seien, ausreichend viele wettbewerbsfähige Elektroautos zu liefern. Da seien die Chinesen weiter: „In China haben rund 50 Prozent der neu zugelassenen Autos Elektromotoren, in Deutschland sind es weniger als 20 Prozent.“

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Quaschning kommt zum „Tag der nachhaltigen Unternehmen“

Der Bestsellerautor Quaschning wird am Montag (17. März 2025) beim „Tag der nachhaltigen Unternehmen“ im Bielefelder Regionalzentrum der Volksbank in Ostwestfalen auftreten, um über das „Wirtschaftsrisiko Klimakrise“ zu sprechen – und um die Frage zu erörtern, wie Unternehmen ihren Energiebedarf künftig decken müssen.

Auch regionale Experten wie Max Wagner (Miele) und Holger Mengedodt (Stadtwerke Bielefeld) werden dort erwartet. Denis Rauhut von Möller Real Estate (MöllerGroup) wird dem Publikum erklären, dass neue und sanierte Immobilien in zunehmendem Maße klimaneutral sein müssen, um langfristig überhaupt noch vermietbar zu sein.

Quaschning und Rauhut dürften damit auf einer Wellenlänge sein: „Was heute neu gebaut oder modernisiert wird, sollte schon den Standards des Jahres 2045 genügen, wenn Deutschland klimaneutral sein will“, fordert er. Energieeffizientes Bauen sei am Anfang kostspieliger als herkömmliches Bauen, langfristig aber günstiger.

Das Heizen mit Erdgas zum Beispiel scheine angesichts der Normalisierung der Preise derzeit wieder attraktiv zu sein – doch die CO-2-Abgabe für fossile Brennstoffe werde deutlich weiter steigen, und ab 2029 müssten die nach 2023 installierten Gasheizungen mit 15 Prozent Bio-Beimischungen laufen. „Und diese Beimischungen aus Biomasse oder grünem Wasserstoff werden knapp und teuer sein“, warnt er.

Quaschning wischt Ideen der Autoindustrie weg

Mit einigen verbreiteten Ideen räumt der studierte Ingenieur ganz beiläufig und etwas hemdsärmelig auf: Grüner (mit Sonnen- oder Windenergie produzierter) Wasserstoff zum Beispiel sei eine gute Option für den hohen Energiebedarf der Industrie sowie geeignet für die Langzeitspeicherung von Strom. Zum Heizen jedoch sei grüner Wasserstoff auf absehbare Zeit zu teuer. Zu teuer sei aber auch die Kernenergie, und völlig ineffizient seien die von Teilen der Autoindustrie bevorzugten „e-fuels“, also unter Stromeinsatz produzierte synthetische Kraftstoffe. Die Autokonzerne liebten e-fuels nur, weil sie damit weiter ihre alten Verbrennermotoren verkaufen könnten.

Zur Lösung gehören Quaschning zufolge hingegen Solarenergie, Windenergie, Speicher, E-Mobilität und Wärmepumpen sowie Fernwärme. Er mahnt zur Eile, denn die Energiewende sei noch nicht geschafft. Zwar stammten schon fast 60 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energiequellen – doch gemessen am gesamten Energieverbrauch inklusive des Bedarfs für Heizungen und Mobilität kämen noch gut 79 Prozent von Öl, Gas und Kohle.

Quaschning ist ausdrücklich gegen die von liberalen Politikern geforderte Technologieoffenheit bei der Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen. „Das dauert sonst bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.“ Hier sei die Politik gefragt, die Weichen richtig zu stellen. Es gehe am Ende um die Bekämpfung des Klimawandels. Der 56-Jährige mahnt: Auch Unwetterkatastrophen verursachen Kosten, die in der Gesamtrechnung einkalkuliert werden müssten.