Brüssel (dpa/AFP). Die EU kann trotz des deutschen Neins Zusatzzölle auf Elektroautos aus China erheben. Es hat sich keine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben ausgesprochen, wie mehrere Diplomaten bestätigten. Es gab allerdings auch kein klares Votum dafür. Damit kann die EU-Kommission entscheiden, die Abgaben in Höhe von bis zu 35,3 Prozent einzuführen. Dieser Schritt wird nun bis spätestens Anfang November erwartet.
Grundlage für die Strafzölle sind Vorwürfe der EU-Kommission, Peking verschaffe seinen Autobauern mit übermäßigen Staatshilfen einen unfairen Wettbewerbsvorteil – zum Nachteil europäischer Hersteller. Der chinesische Autobauer Saic muss deshalb mit dem Höchstsatz rechnen. Für deutsche Konzerne wie BMW, Volkswagen und ihre Joint-Venture-Partner in China gilt zusätzlich zum bisherigen Zollsatz von zehn Prozent ein Aufschlag in Höhe von 20,7 Prozent.
Die Bundesregierung stimmte auf Druck der deutschen Autoindustrie gegen die Zölle, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach übereinstimmenden Medienberichten am Donnerstagabend ein Machtwort in der Ampel-Koalition gesprochen hatte. Die grün geführten Wirtschafts- und Außenministerien hatten dafür plädiert, sich bei der Abstimmung zu enthalten, um weiter nach einer Verhandlungslösung mit China zu suchen.
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In Brüssel war Deutschland allerdings machtlos: Eine Mehrheit gegen die Zollaufschläge kam nicht zustande. Neben Deutschland stimmten nach Diplomatenangaben nur vier weitere Mitgliedstaaten dagegen. Zehn EU-Staaten stimmten für die Maßnahme, zwölf enthielten sich. Die 27 EU-Länder konnten damit keine gemeinsame Stellungnahme abgeben. Brüssel kann die Zölle nun im Alleingang in Kraft setzen. Die Kommission hält sich auch die Möglichkeit für weitere Gespräche mit Peking offen – bislang hatten die Verhandlungen aber keinen Erfolg.
Der Verband der Automobilindustrie hat vor negativen Auswirkungen gewarnt. Dies sei „ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller laut Mitteilung. Der potenzielle Schaden sei daher höher als der mögliche Nutzen des Instruments.
Müller forderte beide Seiten auf, in Verhandlungen eine Eskalation zu verhindern, „also idealerweise die Zölle doch noch abwenden, damit wir keinen Handelskonflikt riskieren“. Hier müssten in konstruktiven Gesprächen Lösungen gefunden werden, sagte die VDA-Chefin. Beide Seiten, sowohl China als auch die EU, müssten aufeinander zugehen.