Middelhoff und Co.: Wen Galeria und Karstadt schon alles verzweifeln ließen

Kaufhäuser waren einst die Konsumtempel der Massen, die insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg endlich den ersehnten Aufstieg schafften. Heute sind sie überwiegend zu Sanierungsfällen verkommen, wie sich gerade wieder einmal bei Galeria zeigt: Die Kaufhauskette geht an einen Investor, der sich in der Vergangenheit schon einmal bei ihr versucht hat. Lesen Sie auch: Konsortium um früheren Kaufhof-Eigentümer Baker will Galeria übernehmen Verglichen mit anderen Eigentümern und Spitzenmanagern von Galeria und den Vorläufern könnte das indes ein gutes Los sein: Der Galeria-Konzern ist ohnehin nur noch ein Schatten der bei ihm gebündelten Kaufhäuser von Kaufhof und Karstadt. Die blicken auf knapp 150 Jahre Geschichte zurück, in den vergangenen 20 Jahren gerieten sie aber mehr und mehr unter Druck – und in die Finger schillernder Manager und Eigentümer. Der Manager, der im Knast landete Dabei hatte es Thomas Middelhoff nicht leicht, als er 2004 oberster Chef von KarstadtQuelle wurde: Schon in den 1990er Jahren gingen insbesondere junge Kundinnen und Kunden lieber zu H&M als in die angestaubte Modeabteilung von Karstadt. Middelhoff, einst Star aus dem Bertelsmann-Management, pendelte gerüchteweise regelmäßig mit dem Hubschrauber von Gütersloh nach Essen, um den KarstadtQuelle-Konzern zu sanieren. Die Zahlen der Tourismussparte erholten sich, doch vor allem traf Middelhoff eine wegweisende Entscheidung: Die Immobilien der Kaufhausgruppe wurden an Investoren verkauft, um sie dann zu zurück zu mieten – was späteren Eigentümern noch große Freude bereiten sollte. Lesen Sie auch: Thomas Middelhoff spricht über neuen Job – und womit er jetzt Geld verdient Middelhoffs Restrukturierung zeigte indes wenig Wirkung: Als die Aktien um knapp 90 Prozent gefallen waren, musste er 2009 gehen. Kurze Zeit später rutschte Arcandor in die Insolvenz. Pikanterweise wurde am gleichen Tag bekannt, dass Staatsanwälte Middelhoff ins Visier nahmen, weil er an dubiosen Finanzgeschäften beteiligt gewesen sein soll. Später wurde der einstige Topmanager wegen Steuerhinterziehung und Untreue zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Eigentümer, der Gutes tun wollte Nach Middelhoff stand Nicolas Berggruen an der Spitze von Karstadt – obgleich nicht als Manager, sondern als Eigentümer: Der Sohn des weltbekannte Kunsthändlers Heinz Berggruen erwarb den Konzern 2009 für einen symbolischen Euro und ließ sich einem FAZ-Bericht von damals als &bdquo;den guten Hirten von Karstadt“ feiern. Berggruen galt damals als ausgesprochen sozial engagierter Multimillionär. Einladungen zu seinen Townhall-Gesprächen, bei denen die Probleme der Welt diskutiert wurden, folgte nicht zuletzt die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Dafür kritisierten sie Gewerkschaften indes immer heftiger, denn Berggruens vollmundigen Versprechen folgten bei Karstadt keine großen Taten, obgleich sich die Belegschaft schon damals auf erste Sanierungstarifverträge einließ. &bdquo;Bevor er die Welt rettet, könnte er doch mal mit seinem Unternehmen anfangen, anstatt nur das Geld seiner Mitarbeiter zu kassieren“, ätzte denn auch prompt ein Karstadt-Betriebsrat gegenüber dem Spiegel. Bis er Karstadt verkaufte, wurde Berggruen vorgeworfen, schlussendlich vor allem Lizenzeinnahmen abgreifen zu wollen. Der Eigentümer, der viel versprach Derweil war auch Kaufhof-Eigentümer Metro mit den Galeria-Kaufhof-Filialen immer unglücklicher geworden, obgleich es dem Unternehmen im Vergleich zu Karstadt noch gut ging. 2015 gelang endlich der Verkauf, Galeria-Kaufhof wurde Teil der kanadischen Hudson Bay Company (HBC), die seit der Gründung 1670 von einem Pelzhandel zu einem international tätigen Handelsunternehmen avanciert war. Die Geschicke von Kaufhof lagen fortan in den Händen von Richard Baker, &bdquo;Sie sind bei HBC in guten Händen“, versprach der – dem Vernehmen nach samt Schoßhund Bella mit dem Privatjet in die Kölner Zentrale eingeflogene – neue CEO den Beschäftigten nach der Übernahme. Das Glück währte nicht lang: Die Onlinekonkurrenz war übermächtig geworden, auch eine Fashion-Offensive zeigte nicht die gewünschte Wirkung – während die Filialen offenbar auf Druck der neuen Konzernmutter HBC immer höheren Mieten zahlen mussten. 2018 verkaufte Baker Galeria-Kaufhof wieder. Wie die Wirtschaftswoche berichtete wohl auch, weil die Muttergesellschaft zugesichert hatte, für mögliche Verluste aufzukommen – und die wuchsen unter der Ägide Bakers, den bei Galeria-Kaufhof bis heute manche für die Schieflage verantwortlich machen. Der Eigentümer, der nur die Immobilien wollte Mit dem Galeria-Verkauf bekam René Benko die Gelegenheit, Galeria Kaufhof und Karstadt zu vereinen: Karstadt hatte er schon 2014 von Berggruen erworben, nun integrierte der Wunderwuzzi, wie der findige Investor in seiner Heimat Österreich genannt wird, auch den einstigen Konkurrenten in seine Signa-Gruppe. Auch Benko hegte große Pläne, etwa die Neuerrichtung einer Berliner Karstadt-Filiale im Baustil der Weimarer Republik – obgleich hinter vorgehaltener Hand früh vor steigenden Mieten gewarnt wurde, die die eigentlichen Filialen wie schon unter vorigen Eigentümer belasteten. Unter Benko rutschte die zu Galeria umbenannte Kaufhaussparte der Signa denn auch mehrmals in die Insolvenz, vom Staat flossen hunderte Millionen an Hilfsgeldern. Schlussendlich half all das nicht: Auch Benko, dem stets vorgeworfen wurde, vor allem an den Kaufhaus-Immobilien interessiert zu sein, führte die Kaufhäuser nicht zurück in die Gewinnzone. Stattdessen schmierte das intransparente Immobilienimperium Benkos nach der Zinswende komplett ab, nun läuft eine Reihe von Insolvenzverfahren. Der Eigentümer, der es nochmal versuchen will Bei denen hat nun Richard Baker erneut eine Chance bekommen, den deutschen Kaufhäusern zu neuem Glanz zu verhelfen: Wie jüngst bekannt wurde, übernimmt die HBC erneut Galeria. Ob Baker Erfolg haben kann, muss sich noch zeigen. Versucht haben es schon andere, vermeintlich große, Männer vor ihm – übrigens in einem Konzern, der wie im Handel üblich eine überwiegend weibliche Belegschaft hat.

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