Hohe Aufklärungsquote

Mehr Wirtschaftskriminalität: Studie enthüllt auch Profil des typischen Täters

Jedes dritte deutsche Unternehmen ist im Jahr 2023 Opfer von Kriminellen geworden – ähnlich ist es in NRW. Ein Fall aus OWL zeigt, was unter dem Thema zu verstehen ist.

Der durchschnittliche Wirtschaftskriminelle ist männlich. | © Symbolbild: Pexels/Lukas

03.04.2024 | 03.04.2024, 06:00

Köln (AFP/dpa/jw). Betrug, Korruption, verbotene Preisabsprachen, Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit: Mit Wirtschaftskriminalität ist im vergangenen Jahr statistisch ein Drittel der Unternehmen in Deutschland (34 Prozent) konfrontiert gewesen. Das sei die höchste Quote seit 2014, heißt es in der Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Der Großteil der Vergehen konnte aufgeklärt werden – das IW geht aber von einer erheblichen Dunkelziffer aus. Das Institut stützt sich auf eine repräsentative Umfrage bei 1.001 deutschen Unternehmen im Jahr 2023, von denen 34 Prozent bestätigten, mit wirtschaftskriminellen Sachverhalten konfrontiert worden zu sein. Daten aus der Polizeikriminalstatistik des Bundeskriminalamts (BKA) aus dem Jahr 2022 untermauern laut IW den Befund. Die Zahl der Wirtschaftsdelikte stieg demnach im dritten Jahr in Folge. Das sei „alarmierend“. Auch das Schadenspotenzial sei „nicht zu unterschätzen“, wenn auch zuletzt rückläufig.

Mehr Fälle, weniger Schaden in NRW

In Nordrhein-Westfalen zeichnet sich ein ähnliches Bild aus dem Vorjahr ab: Die Zahl der aufgedeckten Straftaten im Bereich der Wirtschaftskriminalität ist hier zuletzt um 26 Prozent gestiegen. Das Landeskriminalamt registrierte 8.245 Straftaten in diesem Bereich für das Jahr 2022, nach 6.540 Taten im Vorjahr. Damit ist NRW nach Schleswig-Holstein (34.800 Fälle im Jahr 2022) das Land mit den zweithöchsten Fallzahlen.

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Der Anstieg ist vor allem auf eine deutlich gestiegene Zahl der sogenannten Wettbewerbsdelikte zurückzuführen. Die Schäden waren dagegen rückläufig. Nach 529 Millionen Euro im Vorjahr waren es 2022 nur noch 362 Millionen Euro. Das entspricht einem Rückgang um knapp 32 Prozent auf ein Zehn-Jahres-Tief. Das geht aus einem Lagebild zur Wirtschaftskriminalität vom Anfang des Jahres hervor.

Was den typischen Täter auszeichnet

Die Studienautoren werteten auch andere Studien über Täterprofile aus. „Zusammenfassend ist der Wirtschaftskriminelle in Deutschland zumeist männlich, Ende 30 bis Mitte 40, weiß, meist deutscher Herkunft und weist ein hohes Bildungsniveau in Kombination mit einer mehrjährigen Berufserfahrung in einer Führungsposition auf“, erklärten die Autoren. Der typische deutsche Wirtschaftskriminelle sei „auf persönlicher Ebene tendenziell neurotisch, extrovertiert sowie offen für neue Erfahrungen, wenig gewissenhaft und sozial unverträglich“.

Eine große Mehrheit von 91,8 Prozent der polizeilich bekannten Fälle konnte 2022 aufgeklärt werden. Auch 2021 war die Quote mit fast 89 Prozent bereits hoch. „Wirtschaftskriminelle Tatverdächtige können oftmals durch die Anzeigenden benannt werden, weshalb eine derartige Aufklärungsquote erzielt werden kann“, zitieren die IW-Forschenden aus der Statistik des BKA. Trotzdem müsse von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden.

Betrugsfall aus OWL ist Thema im Podcast „OstwestFälle“

Ein Beispiel aus NRW: Mithilfe der Flut-Katastrophe wollten sich zwei Männer fünf Millionen Euro vom Land NRW ergaunern, so der Vorwurf. Sie hätten für Schrottimmobilien gefälschte Gutachten mit überhöhten Werten vorgelegt und damit Wiederaufbauhilfen des Landes in Millionenhöhe beantragt. Dabei seien nur zwei der 16 Immobilien der beiden Verdächtigen von der Flut überhaupt betroffen gewesen. Es sei bereits über eine Million Euro ausgezahlt gewesen, als man den Männern auf die Schliche kam.

Ein bekannter Fall der Wirtschaftskriminalität ereignete sich ab dem Ende der 1980er. Ein Kaufmann aus dem Münsterland hatte sich ein Anlagemodell ausgedacht, bei dem tausende Anleger ohne eigenes Geld zu Immobilienbesitzern werden sollten. Er schuf ein spektakuläres Schneeball-System. Was ein Gütersloher damit zu tun hatte, ist Thema im Podcast „OstwestFälle“ der Neuen Westfälischen:

International noch mehr Firmen betroffen

International ist die Zahl der von Wirtschaftskriminalität betroffenen Unternehmen laut IW noch höher als in Deutschland. Einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC zufolge sahen sich weltweit 46 Prozent der Firmen damit konfrontiert. Unternehmensbefragungen, die das Dunkelfeld mit einbeziehen, zeigen, dass Korruption, Kartelle und Schwarzarbeit jährliche Umsatzeinbußen von durchschnittlich jeweils 4,7 bis 7,1 Prozent verursachen.

Kriminelle beeinträchtigten nicht nur die Wirtschaft selbst, sondern auch das Vertrauen in Unternehmen und die Integrität der Wirtschaft, so das IW. Firmen müssten deshalb präventive Maßnahmen verfolgen, wie die Einführung eines Wertemanagementsystems und die Schaffung von Compliance-Anlaufstellen. Zudem müsse an Verhaltenskodizes erinnert und Vorbildverhalten gezielt eingesetzt werden.