Brexit-Abkommen lässt Fragen offen - Probleme könnten folgen

Bielefeld. Die am Heiligen Abend erzielte Einigung zwischen der EU und Großbritannien auf ein Handelsabkommen für die jetzt angebrochene Zeit nach dem Brexit hat für Erleichterung gesorgt. Auf beiden Seiten des Ärmelkanals. &bdquo;Es gab in den ersten Tagen des neuen Jahres auch noch keine Hiobsbotschaften vom Nadelöhr zwischen Dover und Calais – also Meldungen über neue Handelshürden oder größere Verzögerungen in der Lieferkette", sagt Harald Grefe, Außenhandelsexperte der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen. Doch es bleiben weiterhin einige Fragen ungelöst: &bdquo;Daher wird uns der Brexit noch länger beschäftigen, vielleicht noch jahrelang." Neue Formalitäten sind zu bewältigen Mengenmäßige Lieferbegrenzungen und Zölle soll es im Handel zwischen Großbritannien und der EU nicht geben. Das ist die gute Nachricht. Gleichwohl wird es Warenkontrollen und Zollformalitäten geben, die beim grenzüberschreitenden Handel erfüllt werden müssen – Grefe spricht von einem &bdquo;Bündel neuer Regelungen". Die britischen Behörden seien darauf aber personell und von der IT her voraussichtlich nicht ausreichend vorbereitet. &bdquo;Dass der Warenhandel jederzeit störungsfrei läuft, glaube ich nicht", warnt Grefe. Für die erste Zeit hätten viele produzierende Firmen allerdings ihre Lager aufgefüllt, um die Lieferketten aufrecht zu erhalten. Nordirland-Frage muss noch beantwortet werden Um eine harte Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland zu vermeiden, ist für eine unbestimmte Übergangsphase ein Sonderstatus vereinbart worden: Nordirland und Irland werden zunächst wie ein Land behandelt. Nordirland ist dadurch Mitglied des britischen und zugleich des europäischen Binnenmarkts. &bdquo;Hier gibt es offene zolltechnische Fragen", so Grefe. Irgendwann dürften dann doch Kontrollmöglichkeiten im Handel zwischen beiden Seiten nötig sein. Dann müsse Farbe bekannt werden, um den unbefriedigenden Zwitterstatus zu beenden. Auch die Finanzbranche wartet auf wichtige Klärungen Bisher war London das unangefochtene Finanzzentrum für die EU. Dass dies in gewohnter Form so bleibt, scheint unwahrscheinlich. Denn erstens gibt es in der EU andere ehrgeizige Finanzplätze, die den Briten gern Marktanteile abnehmen möchten, zweitens werden Finanztransaktionen und -produkte in Großbritannien gern liberaler gehandhabt als in EU-Ländern – insofern sind Reibungen absehbar. Offen ist etwa die Frage, ob die EU die britische Finanzregulierung in allen Punkten anerkennt. &bdquo;Der Finanzbereich ist bei den Verhandlungen ausgeklammert worden", sagt Grefe. Die Branche wartet nun auf Klärung. Arbeitnehmern brauchen in Großbritannien künftig Arbeitsvisa Für die Warenströme, die in den vergangenen vier Jahren bereits um mehr als zehn Prozent rückläufig waren, ist mit dem Weihnachts-Abkommen ein Kompromiss gefunden worden. Doch die alte Arbeitnehmerfreizügigkeit gibt es nicht mehr. &bdquo;Wer in Großbritannien eine Arbeit antreten will, braucht künftig ein Arbeitsvisum – und das ist relativ aufwendig und teuer", so Grefe. Auch für Studenten, die auf der Insel eine Hochschule besuchen wollen, werde es schwieriger und teurer, weil die Briten nicht mehr beim Erasmus-Programm mitmachen. Dass die Briten künftig ganz auf Arbeitskräfte vom Festland verzichten wollen, hält Grefe aber für unwahrscheinlich: &bdquo;Auf dem Bau oder in der Industrie würde ohne Arbeitskräfte aus der EU manches in Großbritannien stillstehen."

Meistgelesen