Middelhoffs Anwalt soll Millionen herausrücken

Bielefeld. Thomas Middelhoff redet dem Publikum in Talkshows und Vorträgen seit Jahren ins Gewissen. Der frühere Chef der Konzerne Bertelsmann und Karstadt-Quelle richtet sich vor allem an Nachwuchsmanager, wenn er über die Lehren spricht, die er aus dem eigenen Scheitern gewonnen hat. Einige der Geschäfte des einst gefeierten Top-Managers beschäftigen noch immer die Justiz. Der nach Middelhoffs privater Pleite am 31. März 2015 als Insolvenzverwalter eingesetzte Bielefelder Rechtsanwalt Thorsten Fuest zieht auf der Suche nach Middelhoffs verschwundenen Millionen nun gegen dessen langjährigen Berliner Rechtsanwalt Hartmut Fromm (75) vor den Kadi. Auf den 26. November 2020 hat das Landgericht Bielefeld den ersten Verhandlungstag terminiert, bestätigte Gerichtssprecher Guiskard Eisenberg. Es geht um rund 5,1 Millionen Euro (1 O 220/18). Verkauf der Luxusvilla in Saint Tropez steht im Mittelpunkt Den Betrag hatte Fromm nach Fuests Überzeugung beim Verkauf der Middelhoffschen Luxusvilla &bdquo;Aldea" in Saint Tropez kassiert und damit den Gläubigern vorenthalten.Middelhoff (67) hatte die Villa 2003 erworben und sie mit einem Millionenkredit aufwendig modernisiert. Einige Monate, nachdem der Manager 2015 aus der U-Haft den Insolvenzantrag gestellt hatte, wurde das stolze Anwesen mit 12 Schlafzimmern und insgesamt 900 Quadratmetern Wohnfläche auf 30.000 Quadratmetern Grund für rund 23 Millionen Euro verkauft. Doch schon 2014, in dem Jahr, in dem Middelhoff wegen Untreue und Steuerhinterziehung in Essen zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden war, hatte die mit hohen Hypotheken belastete Villa einen indirekten Besitzerwechsel erlebt. Der Berliner Anwalt Fromm von der Kanzlei Buse, Heberer und Fromm hatte nämlich die Kontrolle über die Middelhoff-Firma Centurion Asset Management KG erlangt, der über eine weitere Gesellschaft wiederum die Villa gehörte. Fuest hält Wiederaufnahme der Ermittlungen für möglich Obwohl die Privatbank Sal. Oppenheim angeblich die Middelhoff-Anteile an der Centurion KG gepfändet hatte, soll es Fromm gelungen sein, bei dem Geschäft einen Teil des Verkaufserlöses einzubehalten. Hatte Fromm also einen Teil des Vermögens seines Mandanten vor dessen Gläubigern &bdquo;in Sicherheit" gebracht?Wie und mit welcher Motivation es genau ablief, ist weiter strittig. Auch Staatsanwälte haben sich mit Middelhoffs Privatvermögen beschäftigt – die Staatsanwaltschaft Bochum stellte ebenso wie später die Bielefelder Behörde ihre Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung oder denkbarer Bankrottdelikte ein. Insolvenzverwalter Fuest weiß das: Die Behörden hätten aber &bdquo;wesentliche Gesichtspunkte des Sachverhalts unberücksichtigt gelassen", so Fuest. Und er ist nicht überzeugt, dass die Staatsanwälte den Fall schon endgültig zu den Akten gelegt haben. Nicht ohne Grund hätten sie sich &bdquo;vorbehalten, das Ermittlungsverfahren wieder aufzunehmen, sofern die Zivilgerichte zu anderen Erkenntnissen kommen. Von Letzterem gehe ich aus." Rechtsanwalt Holtermüller hat längst Geld zurückgezahlt Misstrauisch geworden war Fuest auch, als er entdeckt hatte, dass Middelhoffs Stuttgarter Strafverteidiger Winfried Holtermüller – einer von mindestens fünf Anwälten, die dem Manager damals zur Seite standen – noch 2014 einen Betrag in Höhe von 2,4 Millionen Euro kassiert hatte. Der Lohn für jahrelange Arbeit, sagt Holtermüller. Geld für unklare Leistungen, fand Fuest. Vielleicht auch eine Vorauszahlung? Beide Seiten schlossen bereits vor Jahren einen Vergleich, Holtermüller zahlte einen Millionenbetrag zurück, obwohl er betonte, dass Middelhoff noch gar nicht insolvent war, als das Geld floss. Die Frage, wann Middelhoff wusste, dass er vor der Pleite stand, war auch Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Sein früherer Geschäftspartner Roland Berger, mit dem Middelhoff in Erwartung sicherer Gewinne einen zweistelligen Millionenbetrag verzockt hatte, gab vor Jahren eine eidesstattliche Erklärung ab, dass Middelhoff ihm gebeichtet hätte, er würde sich auf eine Privatinsolvenz vorbereiten. Der einstige Middelhoff-Partner Roland Berger grollte lange Berger war sauer, dass Middelhoff das Geld, das er ihm für die gemeinsamen Investitionen geliehen hatte, erst nicht zurückzahlen konnte und später zudem auch ein schriftliches Schuldanerkenntnis zurückzog. Hinter der Hand heißt es, dass am anhaltenden Groll des prominentesten aller deutschen Unternehmensberater auch eine (vorzeitige) Restschuldbefreiung für Middelhoff scheitern könnte. Berger selbst möchte sich zu der Angelegenheit allerdings derzeit nicht mehr öffentlich äußern. Ein zweites Verfahren (Az. 5 O 134/18) hat das Bielefelder Landgericht auf Betreiben des Insolvenzverwalters für den 9. Dezember 2020 terminiert. Es geht um relativ bescheidene 64.000 US-Dollar, und verklagt wird neben Fromm auch Jan Middelhoff (37), das älteste der fünf Middelhoff-Kinder.

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