Neuried (dpa/mika). Nach Jahren des Schrumpfens hat sich die Zahl der tabakanbauenden Betriebe in Deutschland stabilisiert. „Es war ein mühseliger Prozess, aber wir haben uns jetzt konsolidiert und sind optimistisch", sagt Sven Plaeschke, der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tabakpflanzer. Das liege insbesondere am boomenden Tabakmarkt für Wasserpfeifen, sogenannte Shishas. „Das hat uns gerettet", sagt auch Jochen Adam, größter Tabakanbauer in Baden-Württemberg und Chef des dortigen Landesverbands. Etwa 96 Prozent des deutschen Tabaks landeten früher oder später in einer Shisha, sagt Branchenvertreter Plaeschke. Die Blätter enthielten wenig Nikotin und hätten einen hohen Zuckergehalt.
In Deutschland werden pro Jahr auf knapp 2.000 Hektar Fläche etwa 5.000 Tonnen Tabak geerntet. Dem im internationalen Vergleich schon immer kleiner Wirtschaftszweig wurde noch vor wenigen Jahren der endgültige Tod vorhergesagt. Denn die Zahl deutscher Tabakbauern, einst vierstellig, schrumpfte nach dem Ende der EU-Subventionen 2009 nochmals dramatisch – von damals noch 360 auf inzwischen nur rund 100 Betriebe.
OWL ist ein Zentrum der deutschen Tabakindustrie
In OWL befindet sich mit Firmen wie Dannemann in Lübbecke und Arnold André in Bünde ein Zentrum der deutschen Tabakwarenindustrie, sogar das für ganz Deutschland zuständige Zollamt für Tabaksteuer hat in Bünde seinen Sitz. Die in OWL produzierten Zigarren und Zigarillos bestehen aber überwiegend aus Tabak von Plantagen in Anbauländern wie Brasilien, Ecuador, den USA oder der Dominikanischen Republik.
In Baden-Württemberg, dem Bundesland mit den meisten tabakanbauenden Betrieben, lag die Zahl der Tabakbauern im Jahr 2010 noch bei mehr als 60, wie das Landesamt für Statistik mitteilt. Heute sei nur noch die Hälfte übrig, erklärt Tabakbauer Adam. Auf Platz zwei und drei der wichtigsten deutschen Anbaugebiete folgen Rheinland-Pfalz und Bayern.
Anbauflächen der deutschen Betriebe wachsen
Mit Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahre spricht Plaeschke von einem Strukturwandel. „Wenige große Betriebe machen jetzt das, was früher viel kleine machten", sagt er. Seit dem Jahr 2.000 habe sich die von einem Betrieb bewirtschaftete Anbaufläche von sieben auf durchschnittlich 17 Hektar gesteigert. Gepflanzt wird demnach fast ausschließlich noch die Sorte Virgin, die im Gegensatz zu Sorten wie Burley oder Geudertheimer nicht an der Luft, sondern in Heißluftöfen getrocknet werde und damit weniger Arbeitsaufwand und Lohnkosten verursacht.
Auf 80 Hektar baut Tabakbauer Jochen Adam in Neuried im baden-württembergischen Ortenaukreis Tabak an. Rund 200 Tonnen sind es in diesem Jahr. Bei der gerade zu Ende gegangenen Ernte gebe es trotz der langen Trockenheit nur geringe Ausfälle. Statt bis zu 2,8 Tonnen Tabak pro Hektar, ernteten Adam und seine Helfer in diesem Jahr etwa 2,5 Tonnen. Zufrieden ist der Tabakbauer mit dem Ergebnis trotzdem: Der Kilopreis für Tabak – je nach Qualität zwischen 3 und 5 Euro – sei in den vergangen Jahren zwischen 10 und 20 Prozent gestiegen.
Dürresommer hat auch der Tabakernte geschadet
„Der Dürresommer hat zwar auch dem Tabak eher geschadet", erklärt der Tabakpflanzer-Lobbyist Plaeschke. In den meisten Regionen verfügten die Bauern aber über professionelle Wässerungsmöglichkeiten für die Tabakfelder. „Insofern sind wir einigermaßen optimistisch, dass wir bundesweit die 5.000 Tonnen Ernte halten können", sagte er. Genauere Zahlen gebe es aber erst in einigen Wochen.