Sternegastronomin Regine Tönsing wechselt ins Büro

Bielefeld. Ja, es hat einige schlaflose Nächte gegeben. Als Regine Tönsing das Angebot für die Geschäftsführung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) OWL bekam, bat sich die Vollblut-Wirtin zunächst Bedenkzeit aus. Regine Tönsing hat sich dann schließlich entschieden, hat sich verabschiedet von der Arbeit an Tresen und Zapfhahn. &bdquo;Den Ausschlag gab schließlich meine Erfahrung, dass die Wertschätzung der Gäste unserem Einsatz nicht entspricht. Die Dienstleistung der Gastronomen wird in dieser Region nicht in gleichem Maß gewürdigt wie in anderen Teilen Deutschlands, in Frankreich oder Spanien", begründet Tönsing ihren Wechsel nach 40 Jahren. Erste Station: der Herforder Kohlenkrug Sie ist gerade 16 Jahre, als sie Bernd Tönsing kennenlernt. Schon bald wechselt die junge Bürokauffrau in den Familienbetrieb ihres späteren Ehemanns. Der &bdquo;Kohlenkrug" im Herforder Ortsteil Eickum ist zu dieser Zeit noch ein Landgasthof, ein beliebter Treffpunkt für Stammtischfreunde und Skatspieler. &bdquo;Anfangs habe ich geglaubt, mich am neuen Arbeitsplatz irgendwie durchmogeln zu können", erinnert sie sich. Doch schnell ist klar: Durchmogeln funktioniert nicht in der Gastronomie. Tönsing macht noch einmal eine Lehre, um dann gemeinsam mit ihrem Mann den Wandel des Familienbetriebs einzuleiten. Seit 2002 Betriebsleiterin im Bielefelder Brauhaus Zum Feinschmecker-Restaurant entwickelt das Ehepaar die vormals bürgerliche Gaststätte. Statt Schnitzel kommt nun Steinbutt auf den Tisch. Auch die Testesser der Gourmet-Bibel Michelin entdecken den &bdquo;Kohlenkrug" und verleihen ihm 1991 erstmals den begehrten Stern. Die Auszeichnung erhält das Haus dann auch in den folgenden zehn Jahren. Aus privaten Gründen steigt Regine Tönsing 2002 aus, wird Betriebsleiterin im Bielefelder Brauhaus. In der Niederlassung der Joh. Albrecht Brauerei Beratung- und Beteiligung GmbH (Dortmund) lernt sie als Vorgesetzte von 40 Mitarbeitern etwas für sie völlig Neues kennen: die Systemgastronomie. Jetzt geht es an den Schreibtisch Nach 16 Jahren folgt nun der nächste Wechsel – an den Schreibtisch. Doch völlig unvorbereitet ist Tönsing nicht, wenn sie am 1. Oktober ihr neues Büro bezieht. Zehn Jahre hat sie im Vorstand des Dehoga gearbeitet, sie kennt viele Probleme und Wünsche der 1.500 Mitglieder in Ostwestfalen-Lippe. &bdquo;Vom Vier-Sterne-Plus-Hotel bis zur Imbissbude ist alles dabei", beschreibt sie die Struktur. Alle Interessen unter einen Hut zu bekommen, sei wohl &bdquo;ein ziemlicher Spagat". Die Ziele der neuen Geschäftsführerin? Tönsing kennt viele Probleme ihrer Kollegen aus eigener Erfahrung. Bürokratische Auflagen machen den Wirten das Leben zunehmend schwer. Deshalb plant sie, aus der Vielzahl von Verordnungen etwa zu Hygiene, Mindestlohn oder Datenschutz nachvollziehbare Handlungsanweisungen für Gastronomen zu erarbeiten. &bdquo;Ich habe richtig Lust darauf, die Kollegen auch auf diese Weise zu unterstützen", sagt sie. Branche für Azubis attraktiver machen Zudem will Tönsing ihre Branche für Auszubildende wieder attraktiv machen. Mit dem dualen Ausbildungssystem genieße das deutsche Hotel- und Gaststättengewerbe international einen guten Ruf. &bdquo;Unseren jungen Leuten steht die Welt offen, sie können nahezu überall einen guten Job machen." Nur wüssten das viele noch nicht. Unterstützung vom Vorgänger Unterstützung bekommt die neue Geschäftsführerin zunächst noch von Thomas Keitel. Der Vorgänger scheidet zwar Anfang 2019 aus Altersgründen aus, doch bleibt er, der Rechtsanwalt, dem Verband als Justiziar erhalten. Eine Lösung, für die sich Dehoga-Präsident Andreas Büscher und seine Vorstandskollegen gemeinsam starkgemacht haben.

Meistgelesen