Wirtschaft

96 Berufsgruppen von Fachkräftemangel betroffen

Studie: 96 Berufsgruppen betroffen - vor allem die Gesundheitsbranche

Fachkräftemangel: Vor allem die Gesundheitsbranche ist betroffen. | © picture alliance / dpa

13.07.2015 | 13.07.2015, 11:06

Berlin (dpa). Schon jetzt klagen Industrie, Handwerk und Gesundheitswesen über fehlende Fachkräfte. Eine Entwicklung, die sich mit schrumpfender Bevölkerung verschärfen wird. Experten sehen Reserven unter anderem bei Teilzeitbeschäftigten und stärkerer Zuwanderung.

Vom Fachkräftemangel in Deutschland sind laut einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln 96 Berufsgruppen betroffen. Besonders in der Gesundheitsbranche fehlen demnach qualifizierte Arbeitskräfte, berichtete die Welt am Sonntag, der die Studie vorliegt. Sie untersucht den Zeitraum zwischen August 2011 und April 2015.

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Rente mit 63 ist Männersache

Die Rente mit 63 wird vor allem von gut situierten männlichen Arbeitnehmern genutzt. Unter den neuen Empfängern der abschlagsfreien Frührente des vergangenen Jahrs erhielten Männer im Schnitt 1.239 Euro, Frauen 947 Euro. Das berichtete der Spiegel unter Berufung auf eine Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion.

Bekannt ist aus einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit, dass weit mehr Männer als Frauen und insgesamt vor allem Fachkräfte und damit überdurchschnittlich gut entlohnte Arbeitnehmer die Rente mit 63 nutzen. Dementsprechend hoch ist ihre Versorgung. Laut Spiegel lag sie bei den neuen Frührentnern mit durchschnittlich 1.147 Euro pro Monat weit über den 752 Euro, die normale Altersrentner erhielten, die im vergangenen Jahr in den Ruhestand gingen.

Laut IW fehlen vor allem in drei Bereichen Fachkräfte: in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen, zu denen Mechatroniker und Zerspanungsmechaniker gehören; in klassischen Handwerksberufen, etwa bei der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik; drittens mangelt es in Gesundheitsberufen, etwa in der Alten- und Krankenpflege, stark an Personal. 20 Berufe dieser Branche sind betroffen - in ihnen arbeiten überwiegend Frauen.

Linderung könnte laut IW die Umwandlung von Teilzeit- in Vollzeitstellen bringen, "wenn die Infrastruktur zur Kinderbetreuung weiter ausgebaut würde". So arbeitet laut der Studie von den knapp über fünf Millionen Beschäftigten in Engpassberufen rund eine Million in Teilzeit, davon allein 670.000 im Gesundheitssektor.

Auch könnte mehr Offenheit bei der Berufswahl helfen. "Leider ist die Berufswahl junger Menschen immer noch zu stark von geschlechtertypischen Rollenmustern geprägt", sagte Studienautor Sebastian Bußmann der Zeitung. "Mit dem Durchbrechen dieser Muster könnten Fachkräfteengpässe gelindert werden."

Angesichts der schrumpfenden und älter werdenden Bevölkerung wird sich das Problem in den nächsten Jahren noch weiter verschärfen, wenn auch nicht in allen Branchen und Regionen. Nach früheren Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter ohne Zuwanderung von heute rund 45 Millionen auf etwa 37,5 Millionen im Jahr 2030 und 29 Millionen im Jahr 2050 sinken.

Wie groß die daraus resultierende Lücke bei den Arbeitskräften ausfallen wird, hängt aber laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von vielen Faktoren ab, etwa von der Höhe der Zuwanderung, der Erwerbstätigkeit von Frauen und der Beschäftigung Älterer.