Bielefeld

Gefangen im Netz

Cybermobbing: Die Täter zu stellen ist nicht die oberste Priorität. Viel wichtiger ist es, dem eigenen Kind zu helfen. Was Eltern tun können

Terror im Netz: Viele Kinder werden online gemobbt. FOTO: iStock | © Getty Images/iStockphoto

16.11.2017 | 16.11.2017, 06:00

Bielefeld (om/cf). Beleidigt, bedroht, bloßgestellt oder belästigt: Mobbing findet in Zeiten von Smartphones und Internet längst nicht mehr nur auf dem Schulhof statt. Über Messenger-Dienste oder soziale Netzwerke lassen sich mit nur einem Klick peinliche Fotos oder fiese Nachrichten verbreiten. Lange dauert es meist nicht, bis die gesamte Schule oder der Freundeskreis Bescheid weiß. Oft handeln die Täter anonym und Opfer haben kaum eine Möglichkeit, zu entkommen - die Täter kommen beim sogenannten Cybermobbing nämlich bis ins Kinderzimmer.

Um das Risiko von Cybermobbing möglichst gering zu halten, können auch Eltern einiges tun. Das "Bündnis gegen Cybermobbing" hat einige Tipps für sie zusammengestellt. Grundsätzlich sollten Eltern ihre Kinder über die Gefahren des Internets aufklären, die Nutzungszeiten regeln und ein Auge darauf haben, welche Plattformen der Nachwuchs nutzt.

Außerdem können sie Hilfe zur Selbsthilfe geben, indem sie ihrem Kind folgende Punkte ans Herz legen: Gib im Internet möglichst wenige private Daten preis; bringe möglichst keine privaten Fotos und Filme in Umlauf; erst nachdenken, dann schreiben - überlege dir sorgfältig, was du sagst beziehungsweise schreibst, bevor du Kommentare oder Nachrichten veröffentlichst; schau dir Online-Freunde genau an und vertraue niemandem voreilig; beachte beim Anlegen eines Profils Sicherheits- und Privatsphäre-Einstellungen; google deinen Namen gelegentlich selbst, um zu prüfen, was im Netz über dich auftaucht.

Ist das eigene Kind bereits zum Mobbing-Opfer geworden, sollten Eltern schnell, aber mit Bedacht handeln. Oberstes Ziel sollte sein, die Übergriffe zu beenden - und nicht den Täter zu bestrafen. Vorwürfe sind ebenso wenig hilfreich, wie ein vorschneller Schulwechsel oder der Entzug von Handy und Internet.

Besser sollten Eltern sich Hilfe von außen holen, Kontakt zur Schule, einer Betreuungsperson oder Beratungsstelle aufnehmen und sich zu ihrem weiteren Vorgehen beraten lassen. Vor allem rät das "Bündnis gegen Cybermobbing" aber: "Geben Sie Ihrem Kind Rückhalt und ermutigen Sie es, stark zu bleiben."

Jeder Sechste wird Mobbing-Opfer

Nach einer neuen Pisa-Studie wird fast jeder sechste 15-Jährige (15,7 Prozent) regelmäßig Opfer von teils massivem Mobbing an der Schule. Im Schnitt aller Teilnehmerländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist nahezu jeder Fünfte mehrmals im Monat von körperlicher oder seelischer Misshandlung durch Mitschüler betroffen. Aus Deutschland beklagt fast jeder zehnte 15-Jährige (9,2 Prozent), Spott und Lästereien ausgesetzt zu sein. Immerhin 2,3 Prozent der Befragten gaben an, in der Schule geschubst und geschlagen zu werden. Im OECD-Schnitt sind Jungen häufiger Mobbing-Opfer als Mädchen – dafür sind Schülerinnen stärker von Ausgrenzung und bösen Gerüchten betroffen.

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Warnsignale erkennen

Hänseleien, Gerüchte, soziale Ausgrenzung, körperliche Gewalt: Für viele Kinder ist Mobbing im Kita- oder Grundschulalter Realität. Doch meist vertrauen sie sich aus Scham niemandem an. Sie leiden still, werden ängstlich, unsicher oder depressiv. Oft wollen Kinder nicht mehr in die Schule oder die Kita gehen und schieben Bauch- oder Kopfweh vor. Auch Schrammen, Kratzer, wenig Kontakt zu Gleichaltrigen sowie kaputte oder verschwundene Gegenstände können Warnsignale sein. Darauf weist der Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie hin. Wenn Eltern ein solches Verhalten bemerken, sollten sie das Gespräch suchen und versuchen, dem Kind Selbstvertrauen zu vermitteln, so dass es „Nein" sagen und sich durchsetzen kann.