
Wie viele andere Kultureinrichtungen war auch das Werburg-Museum in Spenge während des Lockdowns im Frühjahr monatelang geschlossen. Erst im Juli konnte es seine Pforten wieder öffnen – und seitdem hat die Einrichtung einen fantastischen Neustart hingelegt. Den großen Erfolg hat es Rüschen und Reifröcken zu verdanken – und dem venezianischen Karneval.
Venezianischer Karneval im Werburg-Museum
Im Juni – also ein paar Wochen vor dem eigentlichen Museums-Neustart – hat der Werburg-Verein eine Sonderausstellung eröffnet, die Besucher sogar aus dem Ruhrgebiet und dem Rheinland angelockt hat. Der Engeraner Horst Raack zeigt hier fantasievolle Kostüme im Stil des Rokoko und Barock. Mit seinen fantastischen Kreationen hat er bereits mehrfach den renommierten internationalen Kostümwettbewerb beim Karneval in Venedig gewonnen. Gleich sechsmal ist ihm das zwischen 2009 und 2019 gelungen – als bisher einzigem Teilnehmer, wie er sagt.
Und in der Tat: Die Kostüme suchen ihresgleichen. Allesamt sind sie – wie im Rokoko üblich – charmant-verspielt, wunderbar überladen und extravagant. Sie sind verziert mit unzähligen Rüschen, Spitzen, Borten – und sie haben Reifröcke, die so breit sind, dass die Dame damit nur schräg durch die Tür passt. Raack hat aber auch die ein oder andere eigene Note in seine Kostüme eingearbeitet: Inmitten von Rokoko-Spitzen und barock anmutenden Broschen findet sich da schon mal eine ausrangierte Actionfigur. Oder Hüte verziert mit Tee-Geschirr. Spielerei muss sein, denn immerhin sind die Kostüme für den Karneval bestimmt.
Die Besucher sind teils von weit her zu der Sonderausstellung angereist: Sogar aus Düsseldorf, Köln oder Dortmund seien Zuschauer gekommen, sagt Hans-Peter Tietze vom Werburg-Verein und ergänzt: „Es ist die bislang erfolgreichste Sonderausstellung des Museums." Rund 1.700 Besucher hätten sie bereits gesehen. Allein an einem Sonntag Anfang Oktober habe die Ausstellung in der Werburger Scheune fast 150 Interessierte angelockt.
Dass die Sonderschau so einschlagen würde – gerade jetzt zu Corona-Zeiten – hätte Tietze nicht erwartet. „Das hätte ich nie für möglich gehalten. Mit so einem Andrang hatten wir nicht gerechnet." Werner Best, Vorsitzender des Werburg-Vereins, ergänzt: „Das steigerte sich von Wochenende zu Wochenende."
Kunst und Bildung im Werburg-Museum
Vom Erfolg der Schau hat auch das eigentliche Werburg-Museum im benachbarten Herrenhaus profitiert. Auch hier sind die Besucherzahlen nach oben geklettert: Denn viele, die sich Raacks venezianische Kostüme angeschaut haben, haben davor oder danach auch das Werburg-Museum besucht.
Seit der Wiedereröffnung Ende Juli hätten sich knapp 500 Besucher die Dauerausstellung angeschaut, sagt Tietze. Auch das Café im Herrenhaus habe profitiert: Die Umsätze seien hier um 20 Prozent gestiegen.
Das Werburg-Museum nimmt die Besucher mit auf eine Reise in die frühe Neuzeit und die Zeit des Barock. In seinen Räumen kann man sich auf sehr spielerische und interaktive Weise einen Eindruck davon machen, wie in jenen Jahrhunderten das Leben auf einer alten Wasserburg war, was die Bewohner aßen, spielten, wie sie sich gegen Angreifer verteidigten oder mit welchen Widrigkeiten sie zu kämpfen hatten.
Dass sich die Saison mitten in der Corona-Pandemie so positiv entwickelt habe, freut Tietze. Um auch künftig weiterhin neue Besucher zu gewinnen, setzt das Museum unter anderem auf einen Ausbau der Social-Media-Präsenz: „Wir haben jetzt zum Beispiel auch einen Instagram-Account, der sehr gut angenommen wird", sagt Museumspädagoge Marcus Coesfeld.
Außerdem möchte er ein neues Angebot für die Sekundarstufe I an Schulen anbieten. Bisher hätten sich die Schüler in den Klassen 5 und 6 nach den Kernlehrplänen in NRW mit der Steinzeit beschäftigt, sagt er.
Positives Zeichen für Kultur in der Region Spenge
Um die Thematik zu vertiefen, hätten sie – passend zu dieser Epoche – entsprechende außerschulische Lernorte besucht. Allerdings sei die Steinzeit nun aus den Kernlehrplänen herausgefallen.
Coesfeld hofft, das Augenmerk der Schulen daher mehr auf jene Zeit lenken zu können, die das Werburg-Museum abbildet: das Spätmittelalter und die frühe Neuzeit. „Wir bieten den Schulen ein individuell auf sie zugeschnittenes Programm an – das ist eine Besonderheit", sagt er.