Detmold (epd). Der Prozess gegen einen früheren SS-Mann in Detmold kann nach Ansicht des lippischen Landessuperintendenten Dietmar Arends gesellschaftliche Schuld offenlegen. Ein Gerichtsprozess habe zwar eine andere Funktion als die Vergebung zwischen Menschen, sagte der höchste Repräsentant der Lippischen Landeskirche der in Bielefeld erscheinenden evangelischen Wochenzeitung „Unsere Kirche" (Ausgabe 5. März). Eine Gesellschaft könne jedoch nicht darauf verzichten, Schuld zu benennen, unterstrich Arends.
Die Nebenkläger im Detmolder Prozess hätten deutlich gemacht, dass für sie nicht entscheidend sei, dass ein greiser Mann am Ende seines Lebens ins Gefängnis müsse, sagte Arends. Aber sie wollten, dass die Schuld, die dahintersteht, endlich benannt und festgestellt werde. Im Prozess gehe es natürlich letzten Endes auch um Strafe, aber nicht nur.
Tausende Täter und Mittäter seien nach Kriegsende unbehelligt geblieben, erklärte Arends. „Unsere Gesellschaft hat diese Schuld in vielen Fällen gerade nicht benannt." Auch im zwischenmenschlichen Bereich setze Vergeben voraus, dass Schuld offengelegt und vor allem auch eingestanden werde.
Vor dem Landgericht Detmold muss sich derzeit ein 94-jähriger früherer SS-Mann verantworten. Die Staatsanwaltschaft Dortmund hat gegen den Mann aus dem lippischen Lage Anklage wegen Beihilfe zum Mord im NS-Vernichtungslager Auschwitz in mindestens 170.000 Fällen erhoben. Als Angehöriger der Wachmannschaft soll er an der Tötung von mindestens 170.000 Menschen in der Zeit von Januar 1943 bis Juni 1944 beteiligt gewesen sein. Bis zum 20. Mai sind insgesamt zwölf Verhandlungstermine angesetzt.