Claas-Chef macht seinem Ärger bei Hart aber Fair Luft

Harsewinkel/Berlin. Am Montagabend stand bei dem Polit-Talkmagazin &bdquo;Hart aber fair" im Ersten eine heikle Frage zur Diskussion. &bdquo;Ist Deutschland ein Sanierungsfall?", wollte Frank Plasberg von seinen Gästen wissen. Darunter war auch Hermann Lohbeck, Sprecher der Konzernleitung des Landmaschinenherstellers Claas aus Harsewinkel, der unter anderem von seinen schlechten Erfahrungen mit der Deutschen Bahn berichtete. Denn die hat dem Landmaschinenhersteller übel mitgespielt und sich geweigert, Drescher aus dem Werk nach Bremerhaven zu transportieren. Los ging es jedoch mit dem Telefonnetz. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erzählt, dass er Telefonate aus dem Ausland nicht mehr auf sein Handy durchgestellt bekommen möchte, weil es ihm schlichtweg peinlich ist, dass die Verbindung mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen schlechtem Empfang abbricht. Hermann Lohbeck stimmt dem Politiker zu:" Es ist einfach nur peinlich, wenn man Kunden und Geschäftspartner im Ausland anruft." Doch das fehlende Netz hat auch für die entwickelten Technologien von Claas große Nachteile. Neben dem Unternehmen haben sich besonders viele Landwirte und generell die Landbevölkerung in Deutschland über den Spruch der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, geärgert. Die hatte in einem Interview gesagt, dass ein 5G-Netz sicher nicht an jeder Milchkanne notwenig sei. Lohbeck legte kurz die andere Seite dar: &bdquo;Die Landwirte brauchen das Netz aber, sonst funktioniert ihre Technik nicht. Und sie müssen vernünftig ihrer Arbeit nachgehen können." Technik scheitert am fehlenden Netz Auch am Tag nach der Debatte im Ersten pflichtet Wolfram Eberhardt, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Claas, dieser Aussage bei: &bdquo;Die Technik funktioniert natürlich trotzdem, wenn der Landwirt mit der Maschine auf den Hof und somit ins WLAN fährt. Aber wenn die Struktur nicht stimmt, kann der Landwirt eben nicht in Realzeit den Ertrag prüfen. Das ist wirklich ärgerlich, dass es am fehlenden Netz scheitert." In der Diskussion relativiert Altmaier die Aussage von Karliczek und sagt, dass es überall dort verfügbar sein müsse, wo es gebraucht wird – eben auch oder gerade an der Milchkanne. Doch das Netz ist nicht der einzige Sanierungsfall, bei dem die Runde genug berichten kann, dass die These bestätigt. Ein beliebter Streitpunkt – auch bei Plasberg – ist die Bahn. Doch diesmal waren alle einer Meinung. Neben der WDR-Moderatorin Steffi Neu konnte auch der Unternehmer und Technologie-Investor Frank Thelen in Sachen Verspätungen und anderen Bahnpleiten aus dem Nähkästchen plaudern. Bis auf Altmaier gab jeder in der Runde zu, so weit es geht auf die Bahn zu verzichten, weil sie unzuverlässig ist. &bdquo;Über die neueste Bahnstrecke zwischen Berlin und München wird bei uns im Sekretariat erzählt: Nimm lieber den Flieger und nicht die Bahn, damit du zuverlässig ankommst", berichtet Lohbeck daraufhin und nennt jedoch auch ein positives Erlebnis: &bdquo;Die Bahnstrecke von Bielefeld nach Berlin kann ich empfehlen, da kommt man zügig voran." Eine Ausnahme, wie auch der schmunzelnde Bundeswirtschaftsminister zugeben muss: &bdquo;Ich habe noch nie erlebt, dass es 100 prozentig passt." Jedoch sei er nicht für den Verkehr zuständig, sondern dafür, dass die Infrastruktur das Wirtschaftswachstum nicht hemme. Ein wunder Punkt in Harsewinkel. Bahn braucht sieben Tage - der neue Anbieter 10 Stunden Denn dort gab es mit dem Transport der Mähdrescher vom Werksanschluss in Harsewinkel bis zum Weiterverladen in Bremerhaven jede Menge Ärger mit der Deutschen Bahn. &bdquo;Der Höhepunkt war, dass uns die Deutsche Bahn die Verträge gekündigt hat. Aber wir sind Bahnfans und wollen unsere Fahrzeuge nicht über die Straße fahren und nehmen die Bahn so gut es geht", erzählt Lohbeck in der Sendung. Eberhardt erklärt einen Tag nach der Talkrunde die genaueren Gründe: &bdquo;Die Bahn hielt uns für zu anspruchsvoll. Deswegen kündigten sie uns im Sommer 2016 die Verträge." Statt die Mähdrescher von Harsewinkel nach Bremerhaven zu transportieren, sahen die Maschinen bei zahlreichen Umpolungs-Stationen jede Menge von Deutschland, während der Güterzug immer und immer länger wurde. Bis der Zug schließlich in Bremerhaven hielt, waren meist sieben Arbeitstage vergangen. &bdquo;Mit Captrain haben wir damals einen neuen Anbieter gefunden, bei dem der Transport in 10 Stunden stattfindet", sagt Eberhardt. Bei 80 Prozent Auslandsanteil, jede vierte Maschine wird nach Bremerhaven transportiert, kein irrelevanter Faktor für das Unternehmen. Doch der Bahn war das damals zu kompliziert und so kündigte sie den Vertrag mit Claas. Während jahrelang gar kein Zug der Deutschen Bahn Harsewinkel passierte, sieht es nun gut aus, dass die Teutoburger-Wald-Eisenbahn bald wieder am Bahnhof halten könnte. Auch das ein Punkt, denn die Bahnfans von Claas bejubeln. &bdquo;Für die Pendler wäre das großartig", so Eberhardt. Ob das wirklich klappt, steht noch auf einem anderen Blatt. Denn Sanierungsstau, da waren sich alle Gäste in der Sendung einig, gibt es in Deutschland auf allen möglichen Ebenen.

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