Es ging um paramilitärische Kämpfe in der Ostukraine, um Spionage für Russland und um geplante Sabotageakte in Deutschland: Das Oberlandesgericht München hat drei Männer wegen geheimdienstlicher Tätigkeit verurteilt. «Die Anklage trifft im Wesentlichen bei allen zu», begründete der Vorsitzende Richter Jochen Bösl, warum der Hauptangeklagte eine Haftstrafe von sechs Jahren und seine beiden Bekannten Bewährungsstrafen von einem beziehungsweise einem halben Jahr erhielten.
Die Urteilsverkündung hatte sich zuvor deutlich verzögert: Alle Besucher mussten direkt vor dem Saal ein weiteres Mal durch eine Sicherheitsschleuse. Als der 41 Jahre alte Hauptangeklagte - eskortiert von Polizeikräften - hereingeführt wurde, zeigte er sich noch betont lässig und gespielt beeindruckt vom großen Medienaufgebot. Doch dann wurde es für ihn ernst: Der Vorsitzende Richter nahm sich fast dreieinhalb Stunden Zeit, um das Urteil ausführlich zu begründen.
Erst in der Ostukraine gekämpft, später Sabotageakte geplant
Der Hauptangeklagte hatte demnach nicht nur zwischen Dezember 2014 und August 2016 als Mitglied einer bewaffneten terroristischen Vereinigung gegen ukrainische Soldaten gekämpft. Er gab zudem zwischen Oktober 2023 und April 2024 gezielt Informationen an Russland weiter und plante Brandanschläge und Sabotageaktionen gegen militärische Infrastruktur und wichtige Bahnstrecken in Deutschland.
Bei der Informationsbeschaffung halfen ihm in den letzten Wochen seine 38 und 44 Jahre alten Mitangeklagten. Sie müssen neben ihren Bewährungsstrafen von einem beziehungsweise einem halben Jahr jeweils 3.000 Euro an die Staatskasse zahlen. Alle drei Männer kamen in jungen Jahren aus der Russischen Föderation beziehungsweise Kasachstan als Spätaussiedler nach Deutschland.
Urteil unter Forderungen der Bundesanwaltschaft
Die Bundesanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten acht Jahre und acht Monate Haft und für die beiden anderen Männer je ein Jahr Haft auf Bewährung gefordert. Die Verteidigung hatte für alle drei Angeklagten Freispruch beantragt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Verteidigung kündigte bereits Revision an.
Das Gericht zeigte sich dennoch sehr überzeugt von der Schuld des Hauptangeklagten und zerpflückte die Verteidigung des 41-Jährigen. Die Gesamtschau ergebe eindeutig, dass er als Paramilitär in der Ostukraine gegen die ukrainischen Streitkräfte gekämpft habe, betonte Bösl. Dabei habe er sich der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat schuldig gemacht. Die Kampfeinsätze hätten dem Zweck gedient, das Gebiet rund um Donezk gewaltsam aus der Ukraine herauszulösen.
Richter: Argumentation ergibt «überhaupt keinen Sinn»
Der Angeklagte hingegen hatte angegeben, er sei nie in kriegerische Aktionen verwickelt gewesen, sondern habe damals eine Beziehung zu einer Frau dort gehabt und nur geprahlt, um Frauen zu beeindrucken. Die zahlreichen Foto- und Fernsehaufnahmen, die ihn in Uniform und teils mit Waffen zeigen, erklärte er damit, auf Bitten der Brigade als «Schauspieler» im Einsatz gewesen zu sein, auch um vor deutschen Medien aufzutreten.
«Er wäre dann so eine Art eingebetteter Freund des Hauses gewesen, der bei allen möglichen Aktivitäten mitgemacht hätte, aber nicht dazugehört habe», gab der Richter die Argumentation des Mannes wieder. Und resümierte: «Das ergibt insgesamt überhaupt keinen Sinn.»
Richter: Als echter Schauspieler vielleicht erfolgreicher gewesen
Auch die Begründung, warum er später in Deutschland Informationen über militärische Einrichtungen und andere Infrastruktur gesammelt, an den russischen Geheimdienst weitergeleitet und zusammen mit seinem Kontaktmann Sabotageakte geplant hatte, überzeugte das Gericht nicht. Die etwas wirre Argumentation lässt sich so zusammenfassen: Er habe geplant, die Russen hinters Licht zu führen und durch seine geschauspielerten Aktivitäten den deutschen Geheimdienst auf sich aufmerksam zu machen, um dann als V-Mann oder als Doppelagent Geld verdienen zu können.
«Ob das wirklich so ein schlauer Plan ist, steht dahin, wenn man es wirklich so versuchen würde», kommentierte der Richter. Und gab dem 41-Jährigen noch einen Denkanstoß mit ins Gefängnis: «Vielleicht hätten Sie es mal versuchen sollen als Schauspieler. Vielleicht wäre das erfolgreicher gewesen - zumindest hätte es Ihnen einige Jahre Haft erspart.»