Millionen Versicherte und die Wirtschaft sollen jetzt größere Gewissheit haben, dass die Krankenkassenbeiträge Anfang nächsten Jahres nicht schon wieder steigen müssen. Das Kabinett brachte ein Sparpaket von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) auf den Weg, das den Druck für neue Beitragserhöhungen auflösen soll - quasi in letzter Minute, bevor eine wichtige Finanzprognose für 2026 herauskam. Bleibt damit tatsächlich alles stabil?
Wo ist das Problem?
Erst zu Jahresbeginn hatte es eine Welle von Beitragserhöhungen gegeben. Und den 58,6 Millionen beitragszahlenden Kassenmitgliedern drohte über Monate, dass es zum 1. Januar 2026 noch teurer wird. Denn die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) steuern absehbar auf neue Löcher zu - trotz Darlehen, die der Bund über seinen Zuschuss von 14,5 Milliarden Euro hinaus bisher plante. Noch mehr Haushaltsmittel waren nicht drin. Am Wochenende kündigte Warken deshalb an, mit schnellen Sparmaßnahmen gegenzusteuern.
Was hat das Kabinett beschlossen?
Konkret soll das Sparpaket eine ermittelte Lücke von zwei Milliarden Euro für 2026 schließen. Den Großteil von 1,8 Milliarden Euro soll dabei eine Änderung einbringen, die den Anstieg der Vergütungen für die Kliniken begrenzt. Rund 100 Millionen Euro sollen bei Verwaltungsausgaben der Krankenkassen, etwa für Porto und Werbeaktionen, zusammenkommen. Und noch einmal 100 Millionen Euro durch eine halbierte Einzahlung aus Kassenmitteln in einen Fonds für die Versorgungsforschung. Die Gesetzespläne gehen nun in den Bundestag.

Warum herrscht Zeitdruck?
Der Kabinettsbeschluss kam nur kurz vor der Prognose, die ein Schätzerkreis jährlich zur Finanzentwicklung der Kassen erstellt. Das Gremium mit Fachleuten von Ministerium, Bundesamt für Soziale Sicherung und GKV-Spitzenverband kann auch frische Gesetzespläne berücksichtigen, solange es nicht nur reine Absichtserklärungen sind. Am späten Nachmittag kam das Ergebnis: Für 2026 besteht demnach - rein rechnerisch - ein Bedarf für einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 2,9 Prozent. Das liegt auf dem derzeitigen Niveau.
Wie stabil ist die Finanzlage jetzt?
Wie belastbar die Aussicht auf Stabilität ist, muss sich noch zeigen. In der Schätzung seien «Veränderungen bei den Finanzreserven» der Kassen nicht berücksichtigt, hieß es vom Expertenkreis. Die Kassen machten direkt klar, dass sie «keine Entwarnung für 2026» sehen. Der offizielle Zusatzbeitrag nähere sich nun der Realität an, sagte der Chef des GKV-Spitzenverbands, Oliver Blatt. Viele Kassen müssten aber gesetzlich vorgeschriebene Rücklagen auffüllen. «Auf den ersten Blick scheint die finanzielle Situation stabil, aber wer genauer hinschaut, erkennt, dass weiterhin Beitragsanhebungen zu erwarten sind.»
Wie geht es jetzt mit den Beiträgen weiter?
Direkt die Beiträge für alle Versicherten festlegen kann die Politik nicht. Als nächstes gibt das Ministerium auf Grundlage der Schätzung bis 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für 2026 bekannt. Der ist aber nur eine amtliche Orientierungsmarke. Die Kassen entscheiden dann noch je nach eigener Finanzlage, ob sie an den Zusatzbeiträgen für ihre Versicherten drehen. Der gesamte Beitrag, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen, umfasst daneben den allgemeinen Satz von einheitlich 14,6 Prozent des Bruttolohns.
Was ist mit den Pflegebeiträgen?
Warken kündigte an, auch bei der Pflegeversicherung eine Lücke von 1,7 Milliarden Euro für 2026 zu schließen und die Beiträge stabil zu halten. Anders als die Krankenkassen-Zusatzbeiträge legt die Politik die Pflegebeiträge auch direkt fest - und eine Erhöhung zum 1. Januar hätte da schon auf dem Weg sein müssen, wie Warken mit Blick auf Fristen erläuterte. Erst Anfang 2025 war eine Anhebung um 0,2 Punkte gekommen. Bei einem Kind liegt der Beitrag nun bei 3,6 Prozent des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 4,2 Prozent.
Wie lange halten die Lösungen?
Klar ist: Bei der Operation geht es jetzt um Sofortmaßnahmen. Daneben haben zwei Kommissionen begonnen, über Vorschläge für eine grundlegende Reform zu beraten. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflege stellte gerade einen ersten Zwischenstand vor - die Beratungspalette reicht von Begrenzungen der Eigenanteile bis zur Überprüfung des Pflegegrade-Systems. Eine Kommission zur Krankenversicherung soll bis März erste Vorschläge zur Stabilisierung der Beitragssätze ab 2027 machen. Bis Ende 2026 sollen weitere Ideen folgen.