
Berlin. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verließ die Ost-Ministerpräsidenten-Konferenz in Thüringen früh, um auch ja rechtzeitig in Berlin zu sein. SPD und Union drängten ihre Abgeordneten zur Anwesenheit, die Abstimmungsdauer wurde mit zwei Stunden großzügig bemessen. Es sollte bei der zweiten Runde der Richterwahl nicht erneut zum Drama kommen.
Und dann lief es tatsächlich glatt: Im zweiten Anlauf gelang im Bundestag die Wahl dreier neuer Verfassungsrichter und -richterinnen. Eine weitere Regierungskrise nach dem Streit um die von der Union blockierte Wahl der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf wurde abgewendet.
Unions-Fraktionschef Jens Spahn (CDU) zeigte sich erleichtert. „Wir haben Tritt gefasst“, sagte er. Sein SPD-Kollege Matthias Miersch sprach von einem wichtigen Tag für die Demokratie.
Alle Kandidaten deutlich über Zweidrittelmehrheit

Neue Richter am höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe werden nun Bundesverwaltungsrichterin Sigrid Emmenegger, die Juraprofessorin Ann-Katrin Kaufhold und Bundesarbeitsrichter Günter Spinner. Emmenegger und Kaufhold waren von der SPD nominiert worden, Spinner von der Union. Nötig war eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Dadurch war die Koalition auch auf Zustimmung aus mehreren Oppositionsfraktionen angewiesen.
Die Grünen hatten Zustimmung signalisiert. Die AfD, auf deren Stimmen die Koalition verzichten wollte, ließ am Wahltag Lastwagen durchs Regierungsviertel fahren, auf denen vor der Wahl angeblich linksextremer Richter gewarnt wurde. Die Linksfraktion hatte ihren Abgeordneten das Abstimmungsverhalten freigestellt.
Erster Anlauf im Juli krachend gescheitert
Die Union war allerdings einer Gesprächsaufforderung der Linken nicht nachgekommen, weil sie sich an einen Unvereinbarkeitsbeschluss gebunden fühlte. Denkbar ist, dass der Unions-Kandidat Spinner daher weniger Stimmen bekam als seine Kolleginnen.
Im Juli war die Wahl aller drei Verfassungsrichter kurzfristig abgesagt worden, nachdem sich der Widerstand in der CDU gegen Brosius-Gersdorf so zugespitzt hatte, dass Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) eine Mehrheit für diese Kandidatin nicht mehr garantieren konnte.
Der Koalitionspartner SPD hatte darauf die Verlässlichkeit der Union infrage gestellt. Gegen Brosius-Gersdorf hatten sich vor allem Rechtspopulisten und Kirchenvertreter wegen deren liberaler Haltung zum Abtreibungsrecht positioniert. Auch vor dem Hintergrund massiver Anfeindungen zog sie ihre Kandidaturbereitschaft zurück. SPD und Union einigten sich auf Emmenegger als Ersatzkandidatin - die nun das beste Ergebnis erzielte.