Gesundheit schützen

Was hat die EU mit guten Pommes frites zu tun?

Die perfekte Bräunung und die ideale Temperatur von Frittenfett – damit beschäftigte sich die EU. Warum sie genaue Vorgaben zur Zubereitung von Pommes macht.

Kommt nicht in die Tüte: Acrylamid bildet sich beim Frittieren der Pommes und ist krebserregend. | © Oliver Krato

07.03.2024 | 07.03.2024, 05:00

Als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 2016 in der Brüsseler Frittenbude Maison Antoine eine Tüte Pommes frites bestellte, ahnte sie wohl nicht, dass die Europäische Union wenige Monate später genaue Vorschriften für die Zubereitung ihrer Pommes erlassen würde.

Die EU-Verordnung 2017/2158 schreibt bereits die Auswahl der Kartoffeln und deren Lagerung vor: Soweit verfügbar, müssen Kartoffelsorten mit niedrigem Zuckergehalt verwendet und bei über sechs Grad gelagert werden. Bevor die Kartoffelstifte in die Fritteuse kommen, müssen sie 30 Minuten bis zwei Stunden in kaltem Wasser oder einige Minuten in warmem Wasser eingeweicht werden.

Grund für diese Maßnahmen ist der Stoff Acrylamid, der sich beim Braten, Backen und Frittieren ab 120 Grad bildet. Er steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Wie genau Acrylamid auf den menschlichen Körper wirkt, ist zwar noch nicht abschließend geklärt. Nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) haben aber Tierstudien belegt, dass Acrylamid die Wahrscheinlichkeit von Tumoren und Genmutationen erhöhen kann.

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Acrylamid-Quellen unterliegen Regelungen

Hintergrund der Pommes-Vorschriften ist daher der Gesundheitsschutz. „Frittierte bzw. gebratene Kartoffelerzeugnisse, wie Pommes frites, Kroketten und Bratkartoffeln, sowie Kaffee sind die wichtigsten Acrylamid-Quellen in der Ernährung von Erwachsenen, gefolgt von Toastbrot, Keksen, Kräckern und Knäckebrot“, schreibt die EU-Behörde.

„Es ist gut, dass mit der sogenannten ‚Pommes-Richtlinie‘ der Anteil von Acrylamid in unseren Lebensmitteln verringert wurde“, so Anna Cavazzini (Grüne), Vorsitzende des EU-Ausschusses für Verbraucherschutz. Die EU schütze damit die Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbraucher, betont sie den Sinn hinter den Vorschriften. „Hersteller von Kartoffelprodukten, Brot und anderen Backwaren werden seit Inkrafttreten stärker in die Pflicht genommen“, sagte Cavazzini.

Um die Gesundheit der Menschen in der EU zu schützen, gibt es für das Frittieren der Pommes in der EU-Verordnung noch weitere Regeln: Die Temperatur der Fritteuse darf 175 Grad nicht überschreiten und muss grundsätzlich so niedrig wie möglich sein. Und weiter: „Bei der Zubereitung von Pommes frites ist es angezeigt, dass die Lebensmittelunternehmer die verfügbaren Farbkarten verwenden, denen die optimale Kombination von Bräunungsgrad und niedrigem Acrylamidgehalt zu entnehmen ist“, so der Gesetzestext. Diese Farbkarten sollen zudem für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich sichtbar angebracht werden. Diese Regelung war übrigens aus Sicht des EU-Parlaments notwendig, weil freiwillige Maßnahmen zur Reduzierung von Acrylamid nicht ausreichten.

Gebratenes darf nicht zu dunkel sein

Auch für andere Lebensmittel enthält die Acrylamid-Verordnung genauere Vorgaben. Bei der Zubereitung von Sandwiches darf das Brot nicht zu dunkel geröstet sein. Die Hersteller von Kartoffelchips, Frühstückscerealien, Knäckebrot und Keksen müssen ähnliche Regeln beachten wie bei der Zubereitung von Pommes frites. Eine Liste gibt sogar Richtwerte für den Acrylamidgehalt vor, die nicht überschritten werden sollen.

Der Brüsseler Imbiss Maison Antoine hat übrigens die angeblich „besten Pommes frites der Welt“ (New York Times) und nicht nur Altkanzlerin Merkel ließ es sich dort schon in einer Sitzungspause eines EU-Gipfels schmecken. Auch andere Prominente wie der britische Musiker Mick Jagger waren schon zu Gast. Nach Merkels Besuch wurde die alte Frittenbude allerdings abgerissen und neu gebaut. Viele Brüsseler halten die Pommes dort allerdings für überteuert und überbewertet.