Münchner Sicherheitskonferenz will nach Silberstreif im Krisenjahr suchen

Es ist eine ziemlich dunkle Wolke, die Donald Trump Richtung Europa geschickt hat und sie wird auch über München hängen. Dort treffen sich ab Freitag mehrere Hundert Politiker und Vertreter von Wirtschaft und Zivilgesellschaft zur dreitägigen Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), darunter das halbe Bundeskabinett samt Kanzler Olaf Scholz. Es ist das 60. Jubiläum der Konferenz, aber so richtig etwas zu feiern gibt es nicht. Es gebe &bdquo;so viele Krisen, Konflikte, Herausforderungen wie selten“ in den Jahrzehnten seit Konferenzstart, sagt ihr Leiter Christoph Heusgen – und da zählt die zähe, oft bedrohliche Zeit des Kalten Krieges mit. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine geht ins dritte Jahr, die Massaker der Hamas in Israel haben den Konflikt mit den Palästinensern eskalieren lassen. Seit Monaten ist nun Gaza unter israelischem Beschuss, die Gefahr eines Überschwappens in die Region besteht fort. Der Klimawandel ist nicht bewältigt. Im Roten Meer attackieren Huthis aus dem Jemen Handelsschiffe – nun hat sich die USA mit Gegenattacken eingeschaltet, Deutschland schickt eine Fregatte. Taiwan fühlt sich von China bedrängt. In mehreren afrikanischen Staaten zerfallen durch Militärputsche und interne Kämpfe die Staatsstrukturen, unter anderem in Sudan und im Niger. Der Sicherheitsreport der Konferenz ist entsprechend pessimistisch mit &bdquo;Lose-Lose?“ betitelt, also der Frage, ob eigentlich alle Seiten nur noch verlieren können. Nato-Zukunft als Hauptthema Und nun hat Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung erklärt, die USA würden im Falle seiner erneuten Präsidentschaft Länder nicht vor einem russischen Angriff schützen, die nicht ausreichend für Verteidigung ausgeben. Er würde Russland sogar dazu ermutigen, mit solchen Ländern &bdquo;zu machen, was zur Hölle sie wollen“. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erinnerte umgehend an den nötigen Zusammenhalt der Nato-Mitgliedsländer. Auf der Münchner Konferenz mit ihrer Grundidee &bdquo;Frieden durch Dialog“ wird die Zukunft der Nato und der transatlantischen Partnerschaft daher wohl eines der Hauptthemen sein. Die USA schicken Vizepräsidentin Kamala Harris und Außenminister Anthony Blinken. Auch Senatoren und Kongressabgeordnete von Demokraten und Republikanern reisen an. Heusgen, früher außenpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), bemüht sich, die Aufregung zu dämpfen, spricht von einer üblichen Rhetorik Trumps und davon, dass es normal sei, dass die USA auch eine Beteiligung der Verbündeten an Verteidigungskosten forderten. &bdquo;Drohung Trumps ist eine akute Gefahr“ Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), warnte: &bdquo;Die Drohung Trumps ist eine akute Gefahr für uns alle in der Nato.“ Es sei keine Strategie, sich die Lage schön zu reden oder den Kopf in den Sand zu stecken, sagte er dieser Redaktion. &bdquo;Sollte Trump wirklich wieder US-Präsident werden, ist mit allem zu rechnen – auch mit dem Schlimmsten.“ Bei Trump selbst lässt sich in München nicht nachfragen, dafür aber bei seinem damaligen Außenminister Mike Pompeo und bei Kelly Craft, die Trump in seiner Amtszeit zur US-Botschafterin bei der Uno machte. Der republikanische Senator Lindsey Graham, der mit zunehmender Wahrscheinlichkeit einer erneuten Präsidentschaftskandidatur Trumps von Distanz wieder auf Unterstützung schwenkt, sagte seine Reise nach Deutschland kurzfristig ab. Erwartet wird in München der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. 2022 war er dort aufgetreten - glatt rasiert und im Anzug – und hatte eindringlich vor einem Angriff Russlands gewarnt und Sicherheitsgarantien der Verbündeten gefordert. Der Angriff, den Russland zuvor stets in Abrede gestellt hatte, erfolgte wenige Tage später. 2023 ließ sich Selenskyj aus Kiew zuschalten, mit Bart und in Militärgrün. Russland verhandelt nicht mit Mit der russischen Regierung allerdings wird auf der Sicherheitskonferenz nicht verhandelt werden können. Sie wird seit ihrem Angriff auf die Ukraine nicht mehr zur Sicherheitskonferenz geladen. Dies könne man überlegen, &bdquo;wenn Wladimir Putin sich irgendwann mal durchringt und die ukrainische Regierung anerkennt“, sagt Konferenzchef Heusgen. Dann gebe es auch die Voraussetzung für substanzielle Verhandlungen, in denen es unter anderem um Waffenstillstand, den Rückzug schwerer Waffen, internationale Beobachtung, und eine politische Perspektive gehen müsse. Hochbrisant bleibt auch der Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas. Nachdem zunächst ein erneuter Austausch von Geiseln und Gefangenen näher zu rücken schien, hat sich die Lage durch den Angriff Israels auf Rafah im Süden Gazas wieder zugespitzt. Nach München kommen unter anderem Israels Präsident Izchak Herzog sowie Außenminister Israel Katz. Der umstrittene Premierminister Benjamin Netanjahu, der ebenso wie Katz dezidiert eine Zweistaatenlösung ablehnt, ist nicht unter den Gästen. Ziel der Konferenz sei es, &bdquo;nicht nur Schwarzmalerei zu betreiben“, sagt Heusgen. Es gehe auch um den Versuch &bdquo;einen Silberstreifen am Horizont zu finden. Als Inspiration dient dazu die Eröffnungsmusik: Im Streichquartett des West-Eastern Divan Orchestra von Dirigent Daniel Barenboim musizieren Israelis, Palästinenser und Ägypter gemeinsam – ganz harmonisch.

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