Neue, umstrittene Partei will bei der Bundestagswahl 2025 antreten

Die umstrittene Dava-Gruppierung rechnet mit ihrem Einzug ins Europaparlament und will im kommenden Jahr auch bei der Bundestagswahl antreten. Dava-Chef Teyfik Özcan (53) wies zugleich Vorwürfe zurück, die neue Gruppierung sei der verlängerte Arm des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland. &bdquo;Wir haben keine Kontakte zur Erdogan-Regierung oder zu anderen ausländischen Regierungen“, sagte er dieser Redaktion. Die Kritik an der &bdquo;Demokratischen Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ (Dava) hält unterdessen an. &bdquo;Wir sind momentan eine politische Vereinigung, aber es ist längerfristig geplant, Dava in eine Partei umzuwandeln“, sagte Özcan. Eine Kandidatur auch bei künftigen Kommunal-, Landtags- oder Bundestagswahlen sei &bdquo;definitiv in der Pipeline“, betonte er. &bdquo;Wir wollen uns erst einmal auf die Europawahlen konzentrieren und schauen, inwieweit wir unser Wählerpotenzial mobilisieren können. Anschließend wollen wir uns bundesweit etablieren. Wir gehen momentan davon aus, dass wir zur Bundestagswahl im kommenden Jahr antreten werden.“ Dava legt Fokus auf Minderheiten Özcan sagte: &bdquo;Wenn ich die ganzen positiven Zuschriften als Indikator nehme, dann gehe ich fest davon aus, dass wir ins Europaparlament einziehen werden.“ Dava lege einen Fokus auf Wähler, die sich in Deutschland zu Minderheiten rechneten. &bdquo;Wir haben analysiert, wie groß unser Potenzial sein könnte unter Menschen, die sich zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit in Deutschland zählen. Da liegen wir bei fünf Millionen potenziellen Wähler, ohne autochthone Deutsche dazuzuzählen.“ Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sagte: &bdquo;Ich sehe da keinen Grund zur Panik. Eine Partei, die nur nach ethnischen Kriterien gegründet wird und sich nur auf ethnische Fragen konzentriert, hat auch nur eine marginale Funktion.“ Im Laufe der Zeit werde sie ihre politische Arbeit wieder beenden. &bdquo;Ich sehe jedenfalls nicht, von welchen Wählern diese Partei bei der nächsten Bundestagswahl fünf Prozent der Stimmen bekommen sollte. Allerdings hinterlassen die etablierten Parteien hier eine Lücke. Nach der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, die viele Menschen nutzen werden, gilt es, Angebote zu machen, um diese Menschen zu gewinnen.“ Dava-Spitzenkandidaten handeln nicht im Auftrag Erdogans Der Politikberater Bülent Güven, der Mitglied von Erdogans AKP ist, sagte dieser Zeitung, Özcan und die drei Dava-Spitzenkandidaten für die Europawahl stammten zwar aus dem &bdquo;Milieu“ der AKP. Sie handelten aber nicht im Auftrag Erdogans. Die etablierten Parteien sollten in der Dava-Gründung einen &bdquo;Weckruf“ sehen und sich mehr um konservative Wähler mit Migrationshintergrund bemühen. Während für die Bundestagswahl eine Fünf-Prozent-Hürde gilt, gibt es für die Europawahl in Deutschland derzeit keine entsprechende Sperrklausel. Ein Einzug ins Europaparlament ist also erheblich leichter. Politiker mehrerer Parteien haben Dava in Verbindung mit Erdogan gebracht. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) schrieb auf X (vormals Twitter): &bdquo;Ein Erdogan-Ableger, der hier zu Wahlen antritt, ist das Letzte, was wir brauchen.“ Spahn: Dava wäre eine weitere Extrem-Partei Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) warnte ebenfalls auf X, ein &bdquo;Erdogan-AKP-Ableger“ in Deutschland wäre eine weitere extreme Partei im Land. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte, &bdquo;spalterische Tendenzen eines Recep Tayyip Erdogan“ dürften in Deutschland keine Rolle spielen. Özcan kritisierte: &bdquo;Wir wehren uns dagegen, dass wir permanent mit irgendwelchen ausländischen Regierungen in Verbindung gebracht werden.“ Er bekenne sich &bdquo;definitiv“ zur Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung in Deutschland. &bdquo;Jeder, der kein nationalistisches, rassistisches, antisemitisches und islamfeindliches Gedankengut hat, ist bei uns herzlich willkommen.“ Dava finanziere sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge. Zur Anzahl der Mitglieder der vor gut zwei Wochen gegründeten Gruppierung machte ihr Vorsitzender keine Angaben. &bdquo;Aber wir haben momentan einen sehr, sehr großen Zulauf, und die Resonanz ist überwältigend“, sagte er. Mehrere Parteien versuchten bereits türkischstämmige Wähler zu gewinnen In der Vergangenheit haben Parteien wie das &bdquo;Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit“ (BIG) oder die &bdquo;Allianz Deutscher Demokraten“ (ADD), denen ebenfalls Nähe zu Erdogans AKP nachgesagt wurde, in Deutschland um türkischstämmige Wähler geworben. Beide Gruppierungen sind bedeutungslos geblieben. Özcan zeigte sich zuversichtlich, dass Dava unterschiedlich sei. &bdquo;Weil wir uns nicht nur an die türkischstämmige Minderheit wenden“, sagte er. &bdquo;Wir wenden uns alle Menschen, die mit den etablierten Parteien momentan nicht zufrieden sind und die nicht die AfD wählen wollen.“ Ausdrücklich seien damit auch Deutsche ohne ausländische Wurzeln gemeint. Dava-Chef Özcan ist ein Unternehmer aus Langen bei Frankfurt. Nach seinen Angaben war er bis zu seinem Austritt kurz vor der Dava-Gründung mehr als 30 Jahre lang Mitglied der SPD. Ein Grund für seinen Austritt sei gewesen, &bdquo;dass die SPD nicht mehr die ethnischen und religiösen Minderheiten in Deutschland repräsentiert, wie sie das in der Vergangenheit gemacht hat“.

Meistgelesen