Marathon-Abstimmung im Europaparlament: Warum die Eile und worum geht es?

Wenn an diesem Montag das Europäische Parlament in Straßburg zusammenkommt, stehen stundenlange Marathon-Abstimmungen auf der Tagesordnung. Vor den Europawahlen im Sommer wollen die Abgeordneten noch möglichst viele Gesetze durch das Parlament bringen. Denn: Die letzte Parlamentssitzung ist bereits im April – bis dahin müssen die Politikerinnen und Politiker über weit mehr als 100 Gesetzesvorhaben entscheiden. Die Sorge ist groß, dass nach einem Rechtsruck bei den Europawahlen viele vorbereitete Gesetze das Parlament nicht oder nur stark abgeschwächt passieren könnten. Jüngsten Umfragen zufolge könnten vor allem die Grünen im Parlament Sitze verlieren, während rechtspopulistische Parteien dazugewinnen. Dies dürfte die Durchsetzung ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen und einer humanitären Migrationspolitik erschweren. Schnelle Entscheidungen sind problematisch Vor allem Linke, Sozialdemokraten und Grüne sehen Anzeichen für diese Entwicklung, nachdem die konservative EVP bereits bei den letzten Parlamentssitzungen beispielsweise gegen schärfere Regeln zum Pestizideinsatz gestimmt und das Gesetz damit verhindert hatte. Bei dem bevorstehenden Abstimmungsmarathon könnten die Fraktionen nun um ein Ergebnis willen größere Zugeständnisse machen, auf die sie sich sonst nicht einlassen würden. &bdquo;Ärgerlich ist es, wenn Verhandlungen von einer politischen Seite taktisch hinausgezögert wurden, um nun vor den Wahlen den Einigungsdruck zugunsten eines bestimmten Ergebnisses zu erhöhen“, sagt Terry Reintke, Co-Fraktionschefin der Grünen/EFA. Sie kündigt an, bereit für Kompromisse zu sein, &bdquo;aber nicht um jeden Preis“. Ähnliche Spielchen befürchtet auch Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten. &bdquo;Die Gefahr besteht, dass die Kompromissbildung schwerer wird, wenn Fraktionen mit der näherkommenden Wahl eher auf Grundsatzpositionen beharren wollen“, sagt er. &bdquo;Oder wenn sie aus diesem Grund bewusst Blockadepolitik betreiben, wie es die konservative EVP-Fraktion getan hat“, fügt Geier mit Blick auf das gekippte Pestizidgesetz hinzu. Die wichtigsten Themen im Parlament In Straßburg will das Parlament in dieser Woche unter anderem irreführende oder unbewiesene Werbeslogans, sogenanntes &bdquo;Greenwashing“, verbieten. Vermeintlich klimaneutrale Produkte dürfen nicht mehr als solche beworben werden, wenn sie nicht klare Kriterien erfüllen oder ein offiziell geprüftes Siegel verwenden. Verboten werden sollen auch Produkte, bei denen Hersteller ein vorzeitiges Altern oder gar einen Defekt absichtsvoll programmiert oder eingebaut haben. Außerdem sollen bis 2050 ozonschädigende F-Gase verboten werden, die ein bis zu 4.000-mal höheres Klimapotenzial als Kohlendioxid (CO2) haben. Verwendet werden sie unter anderem in Kühl- und Gefrierschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen. Während europäische Unternehmen in den meisten Fällen bereits Alternativen verwenden, greifen unter anderem japanische und US-amerikanische Hersteller von Wärmepumpen häufig auf diese F-Gase zurück. Die EU-Kommission schätzt, dass durch die Regulierung etwa 500 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden könne. Blockade gegenüber Ungarn soll bestehen bleiben Eine weitere Initiative im Parlament sieht vor, mehr Mittel in die Forschung und Entwicklung von Elektro- und Hybridflugzeugen zu investieren. Vor allem Kurz- und Mittelstreckenflüge kämen für elektrisch angetriebene Flieger infrage. Regionalflughäfen können mit finanzieller Unterstützung rechnen, wenn sie die elektrische Luftfahrt unterstützen und beispielsweise Infrastruktur bereitstellen. Während der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban weiterhin EU-Hilfen für die Ukraine blockiert, will das Parlament die Blockade von Geldern aus dem EU-Haushalt wegen Defiziten bei der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn aufrechterhalten. Dabei geht es um Mittel in Höhe von knapp 12 Milliarden Euro sowie um milliardenschwere Corona-Hilfen für Ungarn, die auf Eis liegen. Die EU-Kommission hatte zuletzt Gelder freigegeben und Orban womöglich im Gegenzug die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine ermöglicht. Das Parlament will jetzt verhindern, dass weitere Gelder in der Hoffnung auf die Aufhebung des ungarischen Vetos bei Ukraine-Hilfen ausgezahlt werden.

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