Haushaltsdebatte: Der Finanzminister sieht eine Entscheidungskrise

Geradezu reizend sind sie in der Koalition gerade miteinander, zumindest nach außen. &bdquo;Wir erleben ja gerade in diesen Tagen keinen Streit in der Ampel“, sagt SPD-Chef Lars Klingbeil. FDP-Fraktionschef Christian Dürr stellt im &bdquo;Stern“ fest: &bdquo;Diese Koalition hält mehr aus, als viele meinen und manche hoffen.“ Gerade in diesen Tagen: Das Bundesverfassungsgericht hat den Haushalt der Koalition zerlegt, indem es den lockeren Umgang mit Geld aus ausgelagerten Nebenhaushalten für nicht verfassungsgemäß erklärt hat. In der Koalition finden sie, es sei eine wirklich große Herausforderung. Das Geld werde ja gebraucht, für die Unterstützung der Ukraine etwa und für den klimafreundlichen Umbau der Industrie. 17 Milliarden Euro fehlten laut Finanzministerium für 2024. Die Spitzen der Koalition haben sich am Donnerstag zu Beratungen zurückgezogen ins Kanzleramt. Eine Lösung haben sie noch nicht gefunden – und wohl auch gar nicht erst gesucht, sondern einfach nochmal Positionen ausgetauscht. Schon nach anderthalb Stunden war die Runde im Kanzleramt wieder beendet. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann berichtet im Deutschlandfunk, alle drei Ampelparteien hätten im Koalitionsausschuss den Wunsch gehabt, zügig und gleichzeitig gründlich eine Lösung zu finden. Es klingt ein wenig zurückhaltender. Ein ähnlicher Wunsch heißt noch nicht: Einigkeit über den Weg zur Erfüllung. Zumindest SPD und Grüne drücken jetzt aufs Tempo: Weihnachten gilt als Wunschzielmarke – &bdquo;schön wäre es, Ziel wäre es und wunderbar wäre es, das in diesem Jahr zu schaffen“, sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Schnell müsse es jetzt gehen, sagt SPD-Chef Klingbeil. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) meldet sich von einer OSZE-Konferenz im nordmazedonischen Skopje und sagt, es gelte, deutlich zu machen, dass Demokratien auch in Krisenzeiten stark seien - durch einen raschen Beschluss. Die grundsätzlichen Linien festlegen sollen jetzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), assistiert von ihren Staatssekretären. SPD und Grüne wollen für 2024 erneut über die Erklärung einer Notlage zumindest in Teilbereichen die Schuldenbremse der Verfassung umgehen. Sondersitzung vor Weihnachten Zusätzliche Kürzungen im Haushalt gelten aber als zwingend. Scholz hat Bafög, Wohngeld, Rente und Industrieinvestitionen für quasi unantastbar erklärt. Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler sagte dieser Redaktion: &bdquo;Wir sollten jetzt klimaschädliche Subventionen massiv abbauen.“ Von denen profitierten vor allem Menschen mit hohen Einkommen. Zudem belohnten sie klimaschädliches Verhalten. FDP-Fraktionschef Dürr findet das zu kurz gedacht: Auch der soziale Wohnungsbau werde zu diesen Subventionen gerechnet, weil dabei viel Beton verbaut werde. &bdquo;Ich habe aber den Vorschlag noch von niemandem gehört, man solle den sozialen Wohnungsbau einstellen.“ Die Grünen und die SPD wiederum weisen Forderungen der FDP zurück, die Erhöhung des Bürgergeldes zum Jahreswechsel auf den Prüfstand zu stellen. &bdquo;Die Inflation bei Lebensmitteln lag in den letzten Monaten teils bei über 20 Prozent. Das Bürgergeld garantiert das Existenzminimum, auch in solchen Situationen“, sagte Grünen-Vize-Fraktionschef Andreas Audretsch. Lindner sagt im ZDF, es gebe keine Haushaltskrise, sondern eine &bdquo;Entscheidungskrise“ und das klingt dann doch wieder nicht so nett. Wenn Anfang der kommenden Woche ein Konzept stünde, könnte es gerade noch so klappen mit einem Beschluss. Der Bundestag müsste dann wohl in der Woche vor Weihnachten zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Gut möglich ist, dass der Bundesrat einer Fristverkürzung zustimmen würde. Nicht wenige der Ministerpräsidenten haben ein Interesse daran, dass der Bund Zahlungen freigibt, etwa für die Ansiedlung von Chipfabriken in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Union im Bundestag allerdings könnte auf der Bremse stehen – im Sommer stoppte der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann eine Entscheidung über das Gebäudeenergiegesetz wegen mangelnder Beratungszeit per Eilentscheid.

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